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WWF European Rampage Tour Review

Review

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Published on:
04.11.2012, 17:06 
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Als Gastbeitrag veröffentlicht CAGEMATCH eine Review des Amiga-Klassikers "WWF European Rampage Tour" aus dem Jahr 1992 von unserem Leser The Formless One.

"We are live from Madison Square Garden, where 78.000 Fans are on their feet..." So oder so ähnlich begrüßte man uns damals in den frühen 1990ern noch, wenn es um Wrestling in Europa ging. Ja, die WWF wusste damals, dass der amerikanische Markt abebbte und der deutsche aufzublühen begann. 1992 war wohl eines der ertragreichsten und medienpopulärsten Jahre für die WWF auf unseren Kontinent. Zeit also ein kleines Review zu einem Amiga-Spiel zu halten, welches sich mit exakt diesem Boom beschäftigte: WWF European Rampage Tour.

Bevor jetzt die ersten Fragen aufkommen: Ja, es gab in der Tat eine "European Rampage"-Tour als auch eine "European Rampage Again"-Tour. Warum die "Again"-Tour vor der eigentlichen kommt, wissen wohl nur die Götter. Vielleicht gab es ja eine Mini-Exkursion in den späten 80ern. Für das Spiel ist es gänzlich irrelevant. Im Fokus stehen kurioserweise Tag Teams. Ja, für all die Wrestling-Fans aus heutigen Tagen, die so etwas nicht mehr kennen: Ein Tag Team besteht aus zwei Recken, statt nur dem herkömmlichen einen, die ihrerseits gegen zwei andere antreten und sich per Handklatscher (Tag) ins Geschehen einbringen dürfen. Da die "European Rampage"-Tour in der Tat immer mal wieder irgendwie im Zeichen von Tag Teams stand, kann man zumindest teilweise nachvollziehen, weshalb auch hier das Tag Wrestling den Mittelpunkt belegt. In diesen Zeiten, in denen Vince McMahon Tag Teams noch mochte und nicht dachte, dass sie sch...lecht seien, sah man sicherlich einige Kuriositäten im Teamgeschehen, aber auch wahre Legenden.

Nachdem das übergroße WWF-Logo verschwunden ist, und ein lautes "Ladies and gentlemen, the show is about to begin" durch die Boxen hallt, werden einem eine Handvoll Wrestler zur Verfügung gestellt, und wie wäre es anders zu erwarten: Es sind natürlich keine "Tag Team"-Wrestler. Warum sind die Programmierer nur immer in derartige Kuriositäten verstrickt?! Kein einziger dieser Jungs war im Jahre 1992 noch wirklich in ein festes Team integriert. Wir haben da Hulk Hogan. Ja, wenn man an Tag Teams denkt, dann natürlich als allererstes an den Hulkster. An wen auch sonst?! Gut, sein Megapowers-Kollege Macho Man ist auch frei anwählbar, aber die Megapowers sind so ziemlich seit Wrestlemania V arg zerstritten. Die war jedoch bereits im Jahre 1989. Dann sehen wir den Ultimate Warrior. Und jetzt werden mich viele vermutlich lynchen, aber ja, ich erinnere mich noch an das Team bestehend aus dem Warrior und dem Macho Man, die Ultimate Maniacs. Die haben es dann doch auf eine Lebensdauer von ca. 3 Wochen geschafft und kaum ein Match clean gewonnen.

Als letzten im Bunde offeriert man uns Bret "The Hitman" Hart. Gut, der Hitman in seiner Zeit mit Jim "The Anvil" Neidhart, meinetwegen, geschenkt... aber hier? 1992? Als Jim Neidhart bereits im Opener des ersten Pay per Views des Jahres, dem Royal Rumble, schon mit Owen Hart die New Foundation bildete, während Bret längst Intercontinental Champion war? Also ganz ehrlich Ocean und Arc Developments: Mit diesen Franchise-Spielen und Film-Versoftungen habt ihr's nicht so, oder?! Man blickt auf die vier stummen Gesichter, die allesamt ordentlich gezeichnet sind, sucht sich zwei der Hünen aus und hört einen kurzen, sich wiederholenden Sample der jeweiligen Theme-Songs. Manchmal können Lizenzen ja zu etwas Nütze sein. Kaum dass das Spiel gestartet ist, erblickt man Sean Mooney. Mein Gott, Sean Mooney, bin ich denn wirklich so alt? Sean Mooney. Ich könnte mich jedes Mal wieder hinlegen und lauthals loslachen, wenn ich das lese. Sean Mooney...

Na gut, also Sean erklärt uns, wer denn heute in Großbritannien mit uns in den Ring steigen wird. Und kaum dass er auch nur zwei Sätze gesprochen hat, wird das kuriose Newsflash-Geklimper durch die kratzenden Schallplattenspielerklänge der Nasty Boys unterbrochen. Saggs und Knobbs sollen die Gegner am heutigen Abend für unser Team sein. Etwas cartoonartig werden die beiden hier dargestellt... waren sie im wahren Leben ja auch. Was sich uns jetzt allerdings offenbart, spottet jeder Beschreibung. Dachte man noch anhand der Eingangsgrafiken, dass man es wohl mit einem passablen Grafikbrawler zu tun habe, muss man nun erkennen, dass der Ocean-Vorgänger-Titel WWF Wrestlemania dem hiesigen einfach haushoch überlegen ist. Die kleinen Pixelmännchen kann ich zwar aufgrund diverser Atari-2600er-Schulungen erkennen, aber gute Grafik ist dann doch etwas anderes. Knobbs rennt sofort auf mich zu und fällt vor mir auf die Nase. Also um gleich eines klarzustellen: Der, der da auf die Nase fällt ist Saggs, denn Saggs ist der Schwarzhaarige, Knobbs der Blonde. Leider haben da die Programmierer schon mal keine Ahnung gehabt. Auch nicht, dass sich Saggs mit Doppel-G schreibt und nicht "Sags" wie im Spiel. Dieses Hinfallen soll im Übrigen scheinbar eine Art "Splash" sein, den man auch im Stehen anbringen kann. Kürzen wir das Ganze mal eben ab und kümmern uns um die Moveliste.

Also da wären im Stehen ein Schlag, ein Tritt, ein Forearm. Die kommen alle abwechselnd zur Geltung, oder je nachdem in welcher Entfernung der Gegner steht. Beeinflussen kann man da grundlegend gar nichts, außer den Feuerknopf zu drücken. Erwischen drei nacheinander folgende Schläge den Gegner, dann krümmt sich dieser zusammen. In diesem Moment hat man die Möglichkeit ihn über den Kopf zu stemmen, um erstens einen Gorilla Press zur Seite auszuführen, zweitens einen Gorilla Press nach unten anzusetzen oder drittens einen Gutbuster zu zeigen. Sehr variantenreich, passt aber zum Ultimate Warrior. Im Rennen gibt es dann besagten Splash, einen kurios anmutenden Dropkick, der eher wie ein Raketentritt wirkt und... eine Rolle. Eine Rolle? Ja, wer erinnert sich nicht, als der Hulkster anno 1992 gegen Ted DiBiase und I.R.$. in den Ring stieg und sie ständig umrollte. Was sich die Leute dabei wieder gedacht haben, wissen wohl nur die heiligen drei Sheiks persönlich.

Finisher sind in diesem Spiel Fehlanzeige, ebenso wie wirklich abwechslungsreiches Gameplay. Knobbs und Saggs sind anfangs etwas unwirsch, weil man sich nicht sofort in den Steuerungsablauf bzw. die KI hineinversetzen kann, werden aber nach kurzer Zeit unfassbar berechenbar. Die CPU ist nämlich so eingestellt, dass sie nach zwei Treffern versucht auszuweichen, bleibt man derweil stehen oder läuft in den Gegner hinein, schlägt sie nahezu immer daneben. Ich brawle die beiden "Üblen Jungs" also in bester Ultimate Warrior Manier um, lasse den Macho Man einfach draußen einen guten Mann sein und pinne indes Saggs – Entschuldigung Sags, muss irgend so ein Jobber aus WWF Superstars oder Challenge sein.

Da taucht Sean Mooney wieder auf und verkündet, dass sich eben angesprochene Money Inc. gegen mein Team beweisen wollen. DiBiase und I.R.$. sind grundlegend etwas besser zu Fuß als die Nasties, soll heißen: Die CPU läuft ein wenig wilder umher, ansonsten ist es exakt dasselbe. Man langweilt sich durch die Punch-Kick-Combos, bis einer der beiden letztendlich umfällt und keine Energie mehr in der kleinen farbigen Leiste unten vorzuweisen hat. Ich renne mit dem Warrior los, lasse mich hinfallen, um den Warrior'schen Big Splash zu simulieren. Das trifft den am Boden liegenden DiBiase hart und ich pinne ihn, während er auf dem Bauch liegt. Ja, liebe Fans, hätte ich jetzt Kim Chee am Ring, der würde mir zurufen: "Nein, Kamala, du musst ihn auf den Rücken drehen." Dieses Spiel interessiert das aber nicht. Pinnen kann ich in jeder Position. Was für ein ausgemachter Blödsinn. Auf geht's zur nächsten Show.

Die soll dann durch ein Erdbeben und einen Typhoon erschüttert werden. Ganz Recht, die Natural Disasters sind am Zug und... ist das eigentlich unpassend zu sagen, dass Naturkatastrophen am Zug sind? Der arme Zug. Zum Glück ist's nicht der Orient Express. Also Typhoon und Earthquake sind tatsächlich etwas dicker als die lieben Herren Kollegen, aber ansonsten so ziemlich identisch in der Ausstattung und im Repertoire. Sie brawlen und verfehlen und rennen mal wild drauf los, stolpern hier und da und wirken unbeholfen. Im richtigen Leben hatten die beiden eine ganz gute Körperbeherrschung. Gut, bis auf Typhoon. Sobald der nämlich Stormtrooper-Helme trägt, fällt er regelmäßig explosionsartig durch Wände. Ich rolle Typhoon also um und das war's letztendlich auch. Das milde "One, Two, Three" des Ringrichters, schön per Mickey-Mouse-Handschuh am oberen Bildrand in Szene gesetzt, offenbart mir den Sieg. "Nein, nicht schon wieder, Kamala!" Der wäre in diesem Spiel bestimmt World Champ gewesen.

Und jetzt geht's nach Deutschland in die Deutsche Nationale Arena. Wer kennt sie nicht? Und da: Wieder die Nasty Boys. Wie unfassbar eintönig ist das denn jetzt? Also das Spiel wieder von vorne. Die Nasties sind etwas wütender wie mir scheint, das heißt, die CPU rennt etwas mehr umher. Das ist im Übrigen auch die einzige Taktik, die der Computer wirklich anbringen kann. Schnelles Anrennen. Dadurch fällt der Spieler um, und die CPU kann via Tritt am Boden nachsetzen. Dreht man sich vom Gegner weg, sobald jener am Boden liegt, setzt man einen Elbow Drop an, der aussieht, als würde man lediglich umfallen. Grandios. Dieser ganze Mist wiederholt sich jetzt mit Money Inc. und den Natural Disasters. Ich steige zwischendurch mal auf das Top Rope, von welchem man einen Big Splash à la Jimmy Snuka zeigen kann oder den Raketen-Dropkick. Ach so, deshalb heißt der Missile Dropkick. Der ist nach dem Amiga Spiel benannt. Jetzt macht's auch Sinn... ist mir schlecht.

Nachdem ich die drei gleichen Teams noch einmal besiegt habe, geht es letztendlich nach Frankreich ins schöne Paris. Wär ich doch bloß ins Euro Disney gegangen. Schon wieder die Nasty Boys? Und die sind noch wilder als vorher und rennen nur noch umher. Kleiner Tipp: Einfach immer mal den Joystick betätigen, dann bekommen die durchs Anrennen stets eine Art Clothesline ab. Oder man rennt selbst ein wenig umher und rollt sich durch den Ring. Mir tut langsam der Kopf weh vom vielen Handfläche an die Stirn klatschen. Ganz ehrlich: Gerade 1992 auf der European Rampage Tour gab es auch noch die Bushwhackers oder die Beverly Brothers. Warum hat man die nicht mit ins Geschehen genommen? Lieber zwei Mal fünf Teams besiegen als drei Mal drei. Unfassbar wie supereintönig das Spiel nach schon 10 Minuten ist. Aber wir hatten ja nichts. Immerhin konnte man den Quatsch zu zweit spielen. Ich lasse also die Natural Disasters zur Abwechslung mal auszählen und siehe da: Eine Evolution zu Ocenas Vorgänger "WWF Wrestlemania". Man gewinnt tatsächlich, wenn man selbst wieder in den Ring kommt. Dass der Referee hier sogar für beide unterschiedlich anzählt, muss schon eine Glanzleistung an mathematischem Genie sein, wenn man bedenkt wie oft die wahren WWF Ringrichter ihre Counts seinerzeit unterbrochen haben, weil sie scheinbar nicht mehr wussten, wo sie gerade waren. Ein Papagei wäre vermutlich schlauer. Von dem durchweg monotonen Publikumsrauschen begleitet, geht es zum Abschluss der European Tour nach, richtig, New York. Wer kennt es nicht? New York, in Schleswig Holstein. Der hohe Norden Deutschlands, gleich hinter Dithmarschen. Wie kann denn der Abschluss einer Europa-Tour plötzlich in New York spielen? Gut, ich frage nicht mehr. Der Main Event geht dann endlich gegen ein anderes Team: Die Legion of Doom. Die Road Warriors. Hawk und Animal. What a rush! Die haben mir ja zwischendurch immer mal angesagt, wann ich die Diskette zu wechseln habe. Jetzt also, begleitet im Metal-Loop, trete ich im Madison Square Garden an.

Die Jungs sind fix und rennen den Spieler sogleich um, aber... es ist erneut exakt dasselbe. Wäre das hier wenigstens WWF WrestleFest, als die Legion of Doom als die wahren Endgegner herhalten durften und in der Tat etwas Anderes und Härteres darstellten, aber nein: Das hier ist die "Arme Leute"-Version der Wrestling-Spiele. Irgendwann habe ich Animal, der sich etwas träger als Hawk bewegt, zu Boden gebracht, pinne ihn, ob auf dem Bauch oder Rücken ist mir derweil so was von egal und gewinne scheinbar die Tag Team Gürtel. Und jetzt kommt der grandiose Clou.

Die Endgeschichte offenbart mir lediglich ein Bild. Jimmy "Mouth of the South" Hart steht vor mir mit den erhobenen Titeln und sagt mir, er würde mir zu den Titeln gratulieren, aber sie zu behalten hieße den besten Manager der Welt zu benötigen. Das wäre natürlich er. Und deshalb stellt er mir die Frage, was ich denn sagen würde?! Ich sage ihm einige unschöne Worte, drücke wie wild auf der Tastatur herum, aber es tut sich leider gar nichts. Das ist es?! Das ist das Ende? Das ist ja noch schlimmer, als in den Ocean News aus WWF Wrestlemania aufzutauchen. Den Amiga kann man danach nur noch ausschalten, denn am Spiel ändert sich nichts mehr. Ja, das waren die 90er. Tag Team Wrestling bedeutete noch etwas, aber viel war es dennoch nicht, wenn man solche Spiele sieht.

In diesem Sinne: What a rush!