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Mainstream Breakdown #9: Change Of Plans

Kolumne

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Published on:
20.05.2015, 15:16 
Category:
Series:
Mainstream Breakdown (All entries of this article series)
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Wir schreiben den 15.08.2004. Die Show heißt SummerSlam. Und im Main Event dieser Show besiegt Randy Orton Chris Benoit und wird damit der jüngste World Heavyweight Champion in der Geschichte von World Wrestling Entertainment. Nur einen Tag später turnt Evolution gegen den Superstar der dritten Generation, wodurch dieser mehr oder weniger aus dem Nichts plötzlich zum Top-Face bei RAW wird. Beim kommenden Pay Per View kann sich Triple H im Match gegen seinen ehemaligen Schützling dann schließlich das Gold zurückholen. Zum damaligen Zeitpunkt dachte man noch, dass dies nur eine weitere Etappe in der Storyline ist, die Randy Orton schlussendlich zum ganz großen Star machen sollte. Denn ursprünglich war geplant, dass der Mann aus St. Louis rund ein halbes Jahr später bei WrestleMania 21 seinen großen Moment bekommt und seinem Mentor den Titel schließlich wieder abnehmen kann.

Wie wir heute wissen, kam am Ende doch alles ganz anders. Randy Orton wurde von den Fans nicht als strahlendes Babyface angenommen, weswegen man ihn hin zur größten Show des Jahres wieder zum Heel turnte und in ein Match gegen den Undertaker steckte. Sein Programm gegen Triple H wurde bereits vorher beendet, genauer gesagt beim Royal Rumble 2005, wo er clean gegen den Bösewicht verlor. Und das unter großem Jubel der damals anwesenden Fans.

Diese hatten dann rund eine Stunde später noch einen weiteren Grund zu jubeln. Denn nach einer spannenden und kontroversen Schlussphase konnte Batista das Royal Rumble Match für sich entscheiden, als er zuletzt John Cena über das oberste Ringseil warf. Interessant war übrigens, dass schon damals der Großteil der jungen und weiblichen Fans Cena zujubelte, während Batista mehr von den männlichen Zuschauern unterstützt wurde. Dies interpretierte ich zumindest so aus den gehörten Jubelrufen des Publikums. Und genau jener Zuschauerzuspruch war es, der "The Animal" überhaupt erst in diese Rolle brachte. Für jenen Spot war er nämlich niemals wirklich vorgesehen. Erst als der Versuch, Orton als Main Eventer zu etablieren (vorerst) scheiterte und stattdessen Batista immer positivere Reaktionen zog, änderte man die Pläne und stellte schließlich das Powerhouse gegen "The Game" bei WrestleMania 21. Der Rest, wie man so schön sagt, ist Geschichte. Mit diesem Programm, welches bis heute eines der besten ist, die ich je gesehen habe, etablierte sich "Batze" sofort im Main Event.

Nun... warum erzähle ich euch das alles? Weil ich aufgrund der Ereignisse in den WWE Shows der letzten Monate immer wieder an diesen Vergleich denken musste. Da gibt es diesen einen Superstar, den uns WWE unbedingt als neuen Top-Star verkaufen will, den ein Großteil der Fans aber (noch) nicht haben will: Roman Reigns. Und dann gibt es diesen anderen, der anscheinend (noch) nicht für eine solche Rolle vorgesehen war, der sich aber gleichzeitig aufgrund seines Auftretens immer mehr in die Herzen gekämpft und geredet hat: Dean Ambrose. Diese Entwicklung hat man zugegebenermaßen schon vor sechs Monaten riechen können. Damals durfte/musste Ambrose allerdings gegen Bray Wyatt kämpfen, manche mögen sogar sagen jobben. Gleichzeitig war Reigns auf dem Weg in den WrestleMania-Main Event. Ein Weg, der sich von Anfang an als mehr als steinig abgezeichnet hat. Selbst The Rock hat inzwischen eingeräumt, dass er eine derartige Reaktion beim Royal Rumble für seinen Cousin erwartet hatte. Dennoch hielt man an allen Plänen fest und stellte den Sohn von Sika gegen Brock Lesnar.

Rückblickend betrachtet hat man das ganze Szenario ab WrestleMania 31 natürlich noch sehr gut gelöst. Der Main Event hatte trotz meiner anfänglichen Zweifel ein richtiges "Big Time Feeling" vorzuweisen und mit dem Cash-In von Seth Rollins machte man aus der Not eine Tugend. Etwas Besseres konnte Roman Reigns zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht passieren. Allerdings hat man meiner Meinung nach inzwischen den Fehler gemacht, den Mann mit den samoanischen Wurzeln wieder zu schnell in den Main Event zu stellen. Bereits beim zweiten Pay Per View nach Mania stand er wieder im World Title Match. Anstatt also ein bisschen Gras über das erst gescheiterte Projekt wachsen zu lassen, pusht man ihn konsequent weiter. Dabei hatte ich das Gefühl, dass die Reaktionen auf ihn wieder besser wurden, als er eben nicht im Fokus der Show stand und "nur" gegen Big Show fehdete. Doch gerade bei Payback bekam er wieder die gewohnte Mischung aus Jubel und Buhrufen, die wir ja inzwischen alle bestens von John Cena kennen.

Im selben Match stand dann eben noch der bereits genannte Dean Ambrose. Nach dem ersten PPV-Erfolg seit rund anderthalb Jahren bei Extreme Rules gegen Luke Harper wurde er mehr oder weniger aus dem Nichts in das Title Picture geworfen. Erst war ich ein wenig skeptisch, ob dieser Schritt nicht vielleicht wieder ein bisschen zu früh kam. Doch als die ersten Töne seiner Musik durch die Arena in Baltimore erklangen, wurde ich eines Besseren belehrt: dieser Kerl ist ein Star. Trotz all der Niederlagen, die er in den vergangenen Monaten einstecken musste, ist er nach wie vor unfassbar over. Warum? Weil Dean Ambrose einfach eine coole Sau ist, der trotz oder gerade wegen seiner durchgeknallten Art sehr gut ankommt. Das liegt daran, dass ich ihm glaube, dass er es selbst ist. Ambrose ist Ambrose. Der Typ, der sich um keine Regeln schert und auf Feinde wie Freunde springt, wenn es denn sein muss. Gleichzeitig aber auch der Typ, der so charismatisch ist, dass er ohne Probleme sowohl einen ernsten, aber auch gleichzeitig einen humorvollen Charakter abgeben kann.

Und all diese Originalität, die Ambrose, ähnlich wie Batista 2005, ausstrahlt, fehlt Roman Reigns. Seine Promos wirken nach wie vor unfassbar gekünstelt. Es klingt oft auswendig gelernt, als würde er selbst nicht daran glauben. Und seine versuchten Scherze... naja, sagen wir mal, es ist nicht mein Humor bzw. verstehe ich die Pointe einfach nicht. Zusammenfassend kann man sagen, dass man als Zuschauer nicht das Gefühl bekommt, den "wahren" Roman Reigns zu sehen, sondern eine Persona, die uns WWE aufzwingen will. Ähnlich wie 2004 bei Randy Orton.

Wenn es also schon diese sichtbaren Parallelen gibt, dann soll man sich seitens Vince McMahon und Co. doch auch ein Beispiel an der damaligen Situation nehmen. Warum nicht also Dean Ambrose den Spot geben, der eigentlich für Roman Reigns vorgesehen war? Denn ich gehe nach wie vor stark davon aus, dass der ehemalige Leakee spätestens beim SummerSlam das große Gold gewinnen soll(te). Doch nun bietet sich wieder einmal eine Möglichkeit, eine vorgeschriebene Storyline abzuändern bzw. zu verbessern. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde Dean Ambrose noch vor dem SummerSlam neuer World Heavyweight Champion werden. Egal, ob in einem Singles Match gegen Rollins (was ich bevorzuge), oder weil er sich evtl. den Money In The Bank-Koffer sichern konnte und kurz danach eincasht. Gleichzeitig ist Roman Reigns dann schon mehrfach knapp am Titelgewinn gescheitert. Eine Tatsache, die ihn so sehr ärgert, dass er schließlich Heel turnt und seinen ehemaligen Shield-Bruder attackiert. Womöglich funktioniert dieses Szenario auch, wenn Ambrose gerade den Titel von Rollins gewonnen hat und Reigns kurz danach seinerseits den Money In The Bank-Koffer einlöst. Möglichkeiten gibt es für eine derartige Storyline einige. Aber so könnte man einen großen SummerSlam-Main Event zwischen Ambrose und Reigns aufbauen, den der 29-jährige Mann aus Florida auch gerne gewinnen dürfte.

Wo, fragt ihr euch jetzt vielleicht, bleibt in diesem Szenario Seth Rollins? Nun, der hat ja bekanntermaßen noch eine Rechnung mit Brock Lesnar offen bzw. umgekehrt. "The Beast" wird ganz sicher noch vor dem SummerSlam zurückkehren und ein Re-Match fordern. Doch die Frage ist: will er ein Re-Match um das große Gold oder ein Re-Match gegen Seth Rollins, in dem er sich erst einmal am "Golden Boy" der Authority rächen kann? Aufgrund der Darstellung von Lesnar wäre zweitgenannte Variante ohne Probleme umsetzbar und würde einen sehr guten Co-Main Event für die größte Show des Sommers aufbauen. Im Anschluss kann er sich ja dann dem frisch geturnten Roman Reigns zuwenden, was ebenso nach einer interessanten und unterhaltsamen Paarung klingt.

Natürlich waren das alles erst einmal nur Gedankenspiele von mir, in der womöglich mehr Hoffnung als Realität steckt. Allerdings sollte sich das Bookingteam rund um Vince McMahon klar sein, dass Roman Reigns in seiner aktuellen Verfassung alles ist – nur kein Top-Face der Company. Und das wird er auch in den kommenden Monaten und Jahren nicht werden, wenn sich sein Charakter nicht grundlegend verändert. Ein Heelturn ist die beste Gelegenheit, ihn aus dieser momentan sehr ungünstigen Lage herauszuholen. Zu verlieren hätte man in diesem Szenario ganz sicher nichts. Denn ich behaupte mal ganz frech, dass die Merchandise-Verkaufszahlen des Superstars der zweiten Generation einen Verbleib auf der Face-Seite ganz sicher noch nicht rechtfertigen. Viel mehr wäre es ein Gewinn für alle. Ein Gewinn für die Main Event-Szene der WWE, die mit Dean Ambrose sofort einen weiteren neuen Top-Star hätte. Ein Gewinn für Dean Ambrose, dessen harte Arbeit endlich einmal belohnt werden würde. Ein Gewinn für Roman Reigns, der endlich in (s)einer Rolle aufgehen und seine durchaus vorhandenen Stärken präsentieren könnte. Und natürlich ein Gewinn für die Fans, die endlich einmal wieder das bekämen, was sie wollten und wofür sie sich lange und laut stark gemacht haben.