DeutschEnglish
Not logged in or registered. | Log In | Register | Password lost?

Bret Hart: "The best there is, the best there was and the best there ever will be."

Biografie

Article information
Published on:
27.10.2005, 00:00 
Category:
Author(s):
BILD0Er selbst bezeichnete sich als den Besten den es gibt, den besten, den es gab und den besten, den es jemals geben wird. Und viele Wrestling-Kenner würden dem nicht mal widersprechen. Bret Hart gehört zum Besten, was die Wrestling-Welt je hervorgebracht hat. Sein Können lässt sich am besten an der unglaublichen Tatsache ablesen, dass er in seiner über zwanzig Jahre umfassenden Karriere niemals einen Gegner verletzt hat. Anders als viele Toptechniker vor und nach ihm schaffte es der Hitman in der entertainmentlastigen WWF bis ganz nach oben und dominierte die Liga fünf Jahre lang - bis seine Karriere bei der McMahon-Company 1997 unter skandalösen Umständen ihr Ende nahm. In seinem Heimatland Kanada genießt der Hitman fast schon den Rang eines Nationalhelden. Hier können Sie nachlesen, wie sich Bret Sergeant Hart diesen Rang erarbeitet hat.

Kapitel 1: Der Cowboy aus dem Kerker

Bret Hart bekam den Schock seines Lebens, als er sah wie ein gewisser Archie Gouldie vor der Tür seines Elternhauses stand. Gouldie hatte seinem Vater den Arm gebrochen und damit gedroht, das Haus der Harts niederzureißen und seine Mutter mit dem Kopf voran in den Boden zu rammen. Bret wurde kreidebleich und warnte seine Mutter panisch vor Gouldie. Umso mehr wunderte er sich, als Helen den Stomper umarmte und ihm einen Umschlag mit einem Scheck überreichte. Archie Gouldie, besser bekannt als „Mongolian Stomper“ war natürlich in Wirklichkeit kein übler Gewalttäter, sondern ein Wrestler, der bei der Liga seines Vaters angestellt war. Der damals zehnjährige Bret Hart wusste noch nicht so recht um die Unterschiede zwischen der Realität und der Fantasiewelt des Wrestling.

Dass er selbst auch einmal in dieser Welt landen würde war für den am 2. Juli 1957 im kanadischen Calgary geborenen Bret Hart eigentlich vorgezeichnet. Sein Vater Stu, der mit Ehefrau insgesamt ganze zwölf Kinder in die Welt setzte, war der Besitzer der lokalen Promotion Stampede, die bis 1981 ein Teil der National Wrestling Alliance war. Im Herrenhaus der Hart-Sippe dreht sich alles ums Wrestling – auch in die Kindererziehung baute Stu seine Passion ein. Wenn Bret mal nicht spurte, musste er für ein paar Stunden in den berüchtigten Dungeon, wo er Stus gefürchtete Aufgabegriffe am eigenen Leib erfuhr.

Kaum zu glauben, dass Bret trotz dieser wrestlingverrückten Familie zunächst einen ganz anderen Berufswunsch hegte: Obwohl er ständig bei den Events seines Vaters aushalf und in der High School ein erfolgreicher Amateur-Ringer war, schrieb er sich am Mount Royal College ein, um Filmregisseur zu werden. Aber es kam dann doch ganz anders: „Es ging irgendwann ganz schnell“, erinnerte sich Bret: „Mein Dad brauchte ein paar Leute und urplötzlich war ich dann halt Wrestler.“

BILD1Als Trainer setzte Stu seine japanischen Tag Team Champions Mr. Hito und Mr. Sakurada auf Bret an – die sich schon wunderten, warum ein solches Talent wie Bret nicht früher damit anfing. Weil er schnell und gut lernte, wie man Aktionen richtig durchführt gaben die beiden Japaner Bret den bewundernden Beinamen „Excellence of Execution“. Seinen anderen Spitznamen – „The Hitman“ – legte er sich später in Anlehnung an den Boxer Thomas Hearns zu, der ebenfalls so genannt wurde.

Bret wurde schnell zu einer tragenden Säule von Stampede: Anfang der Achtziger holte er sich sechs Mal den North American Heavyweight Title die Promotion, auch die Tag Team Gürtel holte er sich mehrfach – viermal mit Bruder Keith, einmal mit Leo Burke, seinem früheren Rivalen, von dem er sich seinen ersten Heavyweight Gürtel holte. Doch Brets Aktivitäten beschränkten sich nicht nur auf Kanada: Im Jahr 1982 etwa reiste er nach Japan um dort unter anderem bei NJPW gegen den legendären Junior Heavyweight Tiger Mask anzutreten.

Als Stu seine Promotion dann Mitte der Achtziger an Vince McMahons World Wrestling Federation verkaufte, kam Bret bei der aufstrebenden Company aus Stamford unter. Eine Weile verdingte er sich als dauerjobbender Undercarder und kam dabei vornehmlich in seiner kanadischen Heimat zum Einsatz. Das erste Gimmick, in das Bret gesteckt wurde, war seine Rolle als „Cowboy“ Bret Hart – komplett mit Stetson, stilechten Stiefeln und sogar einem Pferd.

Kapitel 2: Die Pink and Black Attack

Obwohl es Bret grundsätzlich aufregend fand, dass die WWF ein Gimmick für ihn entwarf, war das dann doch nicht die Rolle, die er ewig spielen wollte: Irgendwann nach Mitternacht klopfte er bei seinem Schwager Jim „The Anvil“ Neidhart an, meinte dass das Cowboy-Leben nicht das seine sei und fragte ihn, ob er mit ihm ein Team bilden wollte. Neidhart sagte zu. Als Manager bekamen die beiden den „Mouth of the South“ Jimmy Hart – nicht verwandt mit Brets Sippe – zur Seite gestellt. Der Heel-Verbund bekamen den nahe liegenden Namen Hart Foundation.

BILD2Ihren ersten großen Auftritt hatte die Foundation bei WrestleMania II, als beide an der großen Battle Royal antraten, bei der auch diverse NFL-Footballer teilnehmen. Bret konnte sich dabei bis kurz vor Schluss behaupten, wurde am Ende jedoch vom mächtigen Andre the Giant über das dritte Seil befördert.

Der große Wurf im Tag Team-Bereich sollte der Foundation erst rund ein Jahr später gelingen, als sie ein Titelmatch gegen zwei alte Stampede-Kollegen bekamen: Davey Boy Smith und Dynamite Kid, die British Bulldogs. Dank der freundlichen Unterstützung von Ringrichter Danny Davis, der von Jimmy Hart bestochen wurde und deshalb bei unfairen Aktionen der Foundation alle Augen zudrückte, siegten Hart und Neidhart mit der Hart Attack, ihrem gemeinsamen Finishing Move.

Die Bulldogs mussten die Titel damals aufgrund einer Verletzung von Dynamite abgeben. Eigentlich hatte Vince McMahon die Foundation nicht als potenzielle Nachfolger auf der Liste, die Bulldogs weigerten sich jedoch standhaft, ihre Gürtel an ein anderes Team als Bret und Neidhart zu verlieren. McMahon beugte sich grummelnd. Er sah zwar Potenzial in beiden – aber irgendetwas fehlte ihnen seiner Meinung nach.

Eines Abends hatten Hart und Neidhart dann das Problem, dass sie neue Ringklamotten benötigten, obwohl der Kostümschneider der Company gerade keinen Stoff zur Hand hatte. Brets Ehefrau hatte noch welchen, das Problem dabei: Er war rosa. Weil die beiden keine andere Wahl hatten, ließen sie sich einen rosa Ringanzug basteln und führten ihn Vince McMahon vor. Anstatt zu lachen und den beiden diesen Aufzug zu verbieten, wie sie es erwartet hatten, meinte dieser: „Von jetzt an tragt ihr nichts anderes mehr!“ McMahon wusste nun, was der Foundation fehlte: Ein Eyecatcher wie dieses farbenfrohe Ringoutfit. Die „Pink and Black Attack“ war geboren.

Bei WrestleMania III setzte die Foundation ihre Erfolgsserie fort, als sie sich mit Davis zusammenschloss und die Bulldogs und Tito Santana in einem Six Man Tag Team Match besiegten. Die Revanche sollte Santana rund ein Jahr später gelingen als er mit seinem Partner Rick Martel die Hart Foundation entthronen konnte. Logischerweise verbrachten Hart und Neidhart die kommenden Monate mit dem Versuch, die Gürtel zurück zu erobern. Doch bei der vierten Auflage von WrestleMania sollte Brets WWF-Laufbahn einen neuen Dreh bekommen.

In einer weiteren Battle Royal, in der es um eine erkleckliche Geldsumme und eine Siegtrophäe ging, war Bret abermals gut dabei und war nach der Elimination vom Junkyard Dog zusammen mit Bad News Brown allein im Geviert. Brown war ebenfalls ein Regelbrecher und auch ein alter Bekannter von Bret: Bei Stampede hatten die beiden 1983 das erste Ladder Match der Wrestling-Geschichte bestritten. Nachdem die beiden zusammen feierten und es schon so schien als hätten sie sich abgesprochen, verpasste der frühere Judoka Bret aus dem Nichts einen Ghettoblaster und warf ihn hinaus. Der erboste Hitman zerstörte daraufhin Browns Siegtrophäe – unter dem Jubel des Publikums.

Es folgte eine Fehde mit Brown, in der sich Bret mehr und mehr zum Publikumsliebling mauserte. Der Face Turn wurde vollendet, als er und Neidhart ihren verschlagenen Manager Jimmy Hart in die Wüste schickten – was zu einer Fehde mit den von Hart gemanagten Rougeau-Brüdern Jacques und Raymond führte.

Nach weiteren Scharmützeln mit Heel-Teams wie Rhythm’n’Blues, den Brainbusters und den Bolsheviks war es dann bei WrestleMania VI im April 1990 soweit: Die Foundation bezwang in eine Two Out Of Three Falls Smash und Crush alias Demolition und holten sich zum zweiten Mal die Gürtel. Zu gute kam ihnen dabei, dass die Legion Of Doom das Team attackierte, das nach ihrem Vorbild zusammengezimmert wurde. Die Foundation konnte die Gürtel bis zu WrestleMania VII verteidigen, wo sie auf die von Jimmy Hart betreuten Nasty Boys trafen. Hart und Neidhart hatten die Hart Attack schon vollzogen, als Jerry Sags hinter dem Rücken des Referees mit Jimmy Harts Megaphon auf Neidhart einschlug und seinem Partner Brian Knobbs somit den Pinfall ermöglichte. Kurz darauf wurde Jim Neidhart wegen diverser Wutausbrüche hinter den Kulissen aus der WWF entlassen.

Kapitel 3: Der Saubermann erklimmt den Olymp

Der Hitman musste jedoch nicht lange um die verlorenen Gürtel trauern. Auf Solopfaden wandelte er nämlich schnell zu den ersten Erfolgen. Beim SummerSlam 1991 nahm er Mr. Perfect den Intercontinental Title ab – in einem Match, dass trotz Perfects schwer angeschlagenem Rücken zum Klassiker wurde. Einen Monat später konnte sich Bret auch die King of the Ring Krone aufsetzen: Im Finale des Turniers, das damals noch nicht den Rang eines Pay Per Views hatte, setzte er sich gegen den finsteren Finanzbeamten Irwin R. Schyster durch.

BILD3Seinen ersten Knick bekam Bret Solokarriere in der WWF kurz vor dem Royal Rumble 1992. Bei einer House Show verlor er seinen Intercontinental Title überraschend an den von Jimmy Hart betreuten The Mountie. Um Brets Niederlage in ein angenehmeres Licht zu rücken, behauptete die WWF, dass Bret – kämpferisch wie er ist – mit hohem Fieber in das Match ging. Das war natürlich Quatsch: In Wahrheit nahm die WWF Bret den Titel ab, weil sein Vertragsstatus damals in der Schwebe war. Der Mountie fungierte dabei nur als Übergangschampion für Brets Cousin Rowdy Roddy Piper.

Nachdem Bret bei der WWF verlängert hatte, war der Weg für ein Aufeinandertreffen der beiden Publikumslieblinge Hart und Piper frei. Das bei WrestleMania VIII ausgetragene Match war vielleicht das Beste, an dem der nicht gerade als Könner im Geviert bekannte Piper je beteiligt war. Der Kampf lebte besonders von der cleveren Matchstory: Piper deutete mehrmals an, in seine alten Regelbrecher-Gewohnheiten zurückzufallen. Kurz vor Schluss stand er mit erhobenem Ringgong über dem blutenden Bret – brachte es dann aber doch nicht fertig zuzuschlagen. Am Ende probierte er es auf faire Weise mit einem Sleeperhold. Bret konnte Pipers Finisher jedoch auskontern, indem er sich an der Ringecke abfederte und so seinen Kontrahenten schulterte.

Brets zweite Intercontinental-Regentschaft endete ähnlich spektakulär wie sie begann. Auch diesmal hieß es Face gegen Face, als Bret in einer Art Familienduell gegen seinen Schwager Davey Boy Smith antrat – wobei letzterer allerdings mehr Fanzuspruch fand: Das Match fand bei SummerSlam 1992 vor über 80.000 Fans im Londoner Wembley-Stadion. Der vom damals noch recht unbekannten Box-Superstar Lennox Lewis zum Ring begleitete Davey Boy nutzte den Heimvorteil: Als Bret einen Sunset Flip gegen den Bulldog ansetzte, schaltete dieser schnell, hakte Brets Beine ein und drückte seine Schultern bis drei auf die Matte.

Kurioserweise war der Sieger dieses Matches nur zwei Monate Geschichte, während der Verlierer zur selben Zeit an die Spitze schoss. Hauptgrund für beide Entwicklungen war der Steroid-Skandal, der die McMahon-Company zu dieser Zeit fast in den Ruin trieb. Notgedrungen krempelte die WWF ihre Hierarchie völlig um: Schwer verdächtige Muskelpakete wie eben der Bulldog oder auch der Ultimate Warrior wurden aussortiert, während kleinere und weniger Kraft strotzende Superstars in den Fokus rückten. Für Bret Hart als Saubermann schlechthin bedeutete diese Entwicklung den Sprung in den Main Event. Zu gute kam ihm dabei auch, dass die aufstrebende Konkurrenz-Promotion WCW sich die Finger nach Bret leckte und Vince McMahon ihm etwas bieten musste, dass er den Abwerbungsversuchen widerstand. Bei einer House Show im kanadischen Saskatoon sollte Bret endgültig den Olymp erklimmen: Er bezwang den amtierenden WWF World Heavyweight Champion Ric Flair und sichert sich damals erstmals den wichtigsten Titel der McMahon-Company.

Kapitel 4: Der Hitman und der Hulkster – Die Unvollendete

Schon kurz darauf forderte ihn zum ersten Mal ein Mann um den Titel heraus, mit dem es Bret noch oft zu tun bekommen sollte: Shawn Michaels. Die beiden hatten schon um den Intercontinental Title ihre Auseinandersetzungen: Auf das Konto der beiden ging unter anderem das erste Leitermatch der WWF-Geschichte. Inzwischen hatte sich der Heartbreak Kid den zweithöchsten Titel vom Bulldog geholt und es kam bei den Survivor Series zum Match der Champions. HBK war damals zwar klar auf dem aufsteigenden Ast, dennoch stand er in der Hierarchie noch weit unter dem Hitman. So sollte es niemanden überraschen, dass dieser sich durchsetzte.

BILD4Anders als der etwa ein Hulk Hogan vor ihm beschränkte sich der Hitman jedoch nicht darauf, seinen Titel bei Großereignissen und sonstigen besonderen Anlässen aufs Spiel zu setzen. Bret verteidigte seinen Titel immer und überall gegen alles und jeden – von Rick Martel bis Virgil, von Papa Shango bis Razor Ramon. Letzteren bezwang der Hitman beim Royal Rumble 1993, wo er auch gleich einen aufmerksamen Blick auf seinen nächsten Herausforderer werfen konnte: Den inzwischen leider verstorbenen Kampfkoloss Yokozuna.

Die 230-Kilo-Wuchtbrumme hatte in den Monaten zuvor einen harten Push als amerikafeindlicher Sumo-Großmeister erhalten. Der Samoaner – der allerdings Japan „repräsentierte“ – durfte neben einer Handvoll Jobbern auch Brets Kumpel Virgil sowie den Vorzeige-Amerikaner Hacksaw Jim Duggan platt walzen und krönte seine Siegesserie mit dem Gewinn des Rumble-Matches 1993, als er Randy Savage hinauswarf, der ihn in einem vorübergehenden Anfall galoppierenden Irrsinns zu pinnen versuchte.

Bret stellte sich bei WrestleMania IX im Caesar’s Palace nicht ganz so doof an und schaffte es sogar fast, den Giganten in die Knie zu zwingen. Bret hatte Yoko schon im Sharpshooter, als dessen Manager Mr. Fuji dem Hitman unbemerkt vom Referee das zur rituellen Reinigung des Rings gedachte Salz zweckentfremdete und Bret ins Gesicht warf. Yokozuna konnte den kampfunfähigen Bret pinnen und damit seine erste Regentschaft beenden.

Dies war jedoch nicht das Ende der Fahnenstange. Direkt im Anschluss nämlich eilte die kürzlich zurückgekehrte WWF-Ikone Hulk Hogan zum Ring, um sich um Bret zu kümmern. Mister Fuji kam in dem Moment auf die schlechte Idee, den Hulkster zu einem sofortigen Titelmatch herauszufordern. Wieder wollte der verschlagene Manager das Salz werfen, doch Hogan wich aus, Fuji traf seinen eigenen Schützling und der Unsterbliche holte sich per Legdrop das Gold.

Der Altmeister, dessen Zugkraft damals spürbar nachgelassen hatte, ohne den es aber in der WWF auch nicht so recht lief, sollte den Titel eigentlich am Ende wieder an den Hitman verlieren. Damit wäre der Generationenwechsel an der Spitze der Federation zementiert worden. Doch Hogan verspürte keine gesteigerte Lust darauf, sich für Bret hinzulegen – was Bret dem Hulkster bis heute nachträgt. Hogan verlor den Titel stattdessen beim King of the Ring wieder an Yokozuna und verabschiedete sich anschließend in Richtung WCW. Zum Dream Match der beiden Superstars sollte es nie kommen.

Kapitel 5: Kampf der Könige und Brüderliche Liebe

Das eigentliche King of the Ring Turnier, das 1993 erstmals im Rahmen eines Pay Per Views stattfand, konnte unterdessen Bret Hart ein zweites Mal für sich entscheiden. Er triumphierte über Razor Ramon und Mr. Perfect, ehe er im Finale Bam Bam Bigelow mit einer Victory Roll bezwang. Doch Brets Krönungszeremonie wurde von einem Mann gestört, der neben sich keinen König in der WWF akzeptieren wollte: Jerry "The King" Lawler. Er attackierte den Hitman nach einem Wortgefecht und zerstörte das Set.

BILD5Was die In-Ring-Fähigkeiten anging, hatte Lawler schon damals seinen Zenit überschritten, aber Heat ziehen konnte er dank seines perfekten Micworks noch immer wie kaum ein Zweiter. Hervorragende Voraussetzungen also für die beste Fehde des Jahres 1993, in die Lawler nach und nach Brets ganze Familie verwickelte. Beim SummerSlam sollte es zum ersten Aufeinandertreffen kommen, doch Lawler kam mit Krücken zum Ring gehumpelt und erklärte, dass er verletzt wäre und einen Ersatzmann benennen müsse: Doink, den bösen Clown.

Bret war drauf und dran, Lawlers Lakai mit dem Sharpshooter zu bezwingen, als Lawler ihm hinterrücks mit einer der Krücken eins überzog und sich damit selbst als Simulant entlarvte. Jack Tunney – damals On-Air-Präsident der Federation – verlangte daraufhin, dass der King auf der Stelle gegen Bret in den Ring steigen müsse. Lawler musste sich der Anweisung fügen und gab im Sharpshooter auf. Weil Bret den Aufgabegriff jedoch nicht lösen wollte, wurde er nachträglich disqualifiziert.

Bei den Survivor Series sollte die erbittert geführte Fehde schließlich ihren Höhepunkt finden: Bret versammelte seine Brüder Owen, Bruce und Keith um sich, um Jerry Lawler und drei von ihm handverlesene „Rittern“ – hinter deren Masken sich Greg Valentine, Barry Horowitz und der USWA-Wrestler Jeff Gaylord verbargen – gegenüber zu treten. Dummerweise geriet Lawler kurz vorher ins Visier der Justiz, weil ihn ein 15-jähriges Mädchen der Vergewaltigung bezichtigte – was sich letztlich als haltlos entpuppte. Anstelle Lawlers trat einmal mehr Harts ganz spezieller Freund Shawn Michaels an

Bei dem von klassischem Mat Wrestling geprägten Match stach besonders Brets jüngerer Bruder Owen hervor, der zwei von Michaels’ Rittern eliminieren konnte. Er selbst jedoch überstand das Match ebenfalls nicht: Als Michaels ihn in die Seile schubste, stieß er mit dem unachtsamen Bret zusammen und wurde daraufhin vom Heartbreak Kid eingerollt. Michaels ließ sich kurz darauf – von der hartschen Übermacht frustriert – auszählen und überließ Kanadas First Family des Wrestlings den Sieg. Doch die Freude blieb nicht ungetrübt: Owen zeigte sich nach dem Match stocksauer über Brets Fauxpas und begann sich lauthals mit seinen Brüdern zu streiten.

Um die Wogen zu glätten, entschloss sich Bret, ein Tag Team mit seinem Bruder zu bilden und gemeinsam Jagd auf die Titel zu machen. Owen willigte ein und so trafen die Hart Brothers beim Royal Rumble 1994 auf die Quebecers als amtierende Titelträger. Brets Problem: Er ging mit einer Knieverletzung ins Match, was der ehemalige Mountie Jacques und sein Partner Pierre schamlos ausnutzten. Nach die Quebecers Bret eine Weile isolieren konnten hatte Ringrichter Tim White genug und erklärte die Champion zu Siegern durch Abbruch. Weil Bret vorher mehrmals die Gelegenheit mit Owen zu wechseln verstreichen ließ, drehte dieser nach dem Match durch und attackierte das angeschlagene Knie seines Bruders noch weiter.

In den kommenden Wochen blühte Owen, der sich bis dahin nicht als Entertainer hervortat, in der Rolle als eifersüchtiger Giftzwerg mehr und mehr auf. Er verbreitete wüste Beschuldigungen gegen seinen Bruder – etwa, dass er ihn zu dem Gimmick als maskierter Blue Blazer gezwungen habe und dass er sich den Sharpshooter von ihm abgeschaut hätte – und verlangte ein Match gegen Bret, um zu beweisen, dass er der talentiertere ist. Bret weigerte sich jedoch gegen seinen Bruder anzutreten.

Kapitel 6: Das Familienduell

Der Hitman hatte auch wichtigeres zu tun: Am selben Abend, an dem Owen sich gegen ihn wandte, nahm er nämlich noch am Rumble Match teil und ging dabei als Teilsieger hervor. Teilsieger deshalb, weil er und der „Made in the USA“ Lex Luger sich am Ende gegenseitig eliminierten, ohne das zu erkennen war, wer als erster den Boden berührte – ein damals neues und seitdem viel zu oft wiederholtes Finish einer Battle Royal. Jack Tunney traf eine salomonische Entscheidung und gewährte beiden ein Match um den WWF World Heavyweight Title bei WrestleMania X, der sich immer noch im Besitz von Yokozuna befand.

BILD6Luger gewann einen Münzwurf und durfte daher als erster gegen Yoko antreten. Aus Gründen der Fairness setze Tunney fest, dass auch Bret vor seinem Titelkampf noch ein Match bestreiten musste – und zwar gegen seinen Bruder Owen, der so am Ende doch zu seinem heiß ersehnten Match kam. Wie kaum anders zu erwarten, legten die beiden einen Leckerbissen hin, der dem eigentlichen Main Event locker die Show stahl. Bret Hart suchte die Entscheidung mit derselben Aktion, mit der er ein Jahr zuvor Bigelow in die Knie zwang: Der Victory Roll. Diesmal jedoch lief die Aktion schief: Owen gelang es, sie abzublocken und die Schultern seines Bruders selbst bis drei auf die Matte zu drücken: Bret hatte den ersten Bruderkampf verloren.

Auf sein Titelmatch hatte die Niederlage allerdings keinen Einfluss: Brets Gegner war Yokozuna, der Lex Luger durch Disqualifikation besiegte – was Yoko dem nicht ganz unparteiischen Ringrichter Mr. Perfect zu verdanken hatte, der durch seine Entscheidung eine alte Rechnung mit dem „Man Made in the USA“ beglich. Eigentlich hätte der Kampf umgekehrt ausgehen sollen, doch weil sich Luger am Abend davor bei einer Kneipentour erwischen ließ, straften ihn die WWF-Offiziellen mit der Niederlage ab. Bret Hart jedenfalls hatte mit dem Gastringrichter mehr Glück: Es war sein alter Kumpel Roddy Piper, der das Match fair leitete. Das Kampfende kam, als Yokozuna seinen Banzai Drop verpatzte und dabei unsanft auf der Matte landete. Bret Hart nahm den Kampfkoloss in den Sharpshooter und machte damit seinen zweiten Titelgewinn perfekt.

Nach diesem Triumph kamen Luger, Razor Ramon und mehrere andere Publikumslieblinge zum Ring, um Bret zu feiern und auf ihre Schultern zu heben. Nur einer schaute sich das Schauspiel missmutig vom Eingangsbereich an: Owen Hart. Er hatte den Champion am selben Abend fair bezwungen und war am Ende trotzdem nicht der Sieger – ein zweites Bruderduell war also vorprogrammiert.

Doch Brets Gegner bei der ersten großen Titelverteidigung war nicht Owen, sondern der Träger des zweitwichtigsten Gürtels: Der Intercontinental Champion Diesel alias Kevin Nash. Weil dieser Brets Dauerrivalen Shawn Michaels in seiner Ecke hatte, brachte Bret beim King of the Ring ebenfalls einen Sekundanten mit zum Ring: Seinen alten Partner Jim Neidhart. Doch statt seinem Schwager den Rücken freizuhalten, kostete der „Anvil“ ihm den Sieg, indem er Diesel vor den Augen des Referees attackierte und „Big Daddy Cool“ damit einen Disqualifikationssieg einbrachte.

Was diese merkwürdige Aktion sollte, erklärte sich kurze Zeit später. Neidhart griff im Finale zu Gunsten eines anderen Familienmitglieds ein: Er verhalf Owen Hart im Turnierfinale gegen Razor Ramon zum Sieg und verbrüderte sich mit dem „schwarzen Schaf“ der Hart-Sippe. Seine Attacke auf Diesel hatte nur einen Zweck: Sicher zu stellen, dass Owen seinem verhassten Bruder den Championtitel abnehmen konnte.

Das heiß ersehnte Re-Match des zerstrittenen Bruderpaars fand beim SummerSlam statt – in einem denkwürdigen Cage Match. Denkwürdig einerseits aufgrund der technischen Extraklasse beider Akteure, andererseits aufgrund des perfekten Spannungsbogens der Auseinandersetzung. Beide versuchten unablässig, aus dem Käfig zu entfliehen. Nach über einer halben Stunde Matchzeit befanden sich beide auf der äußeren Seite des Käfigs, doch weil sich Owen in dem Konstrukt verhedderte, war es Bret, der als erstes auf den rettenden Boden gelangte. Nach dem Match attackierten Owen und Neidhart Bret innerhalb des Rings, doch der Rest der Hart-Familie – inklusive des aus der WCW zurück gekehrten British Bulldog – rettete den Hitman.

Kapitel 7: Das Handtuch geworfen

Bret hatte die Bruderfehde damit erfolgreich hinter sich gebracht und war bereit für neue Herausforderer. Und an erster Stelle stand jemand, der mit dem Hitman mehr gemeinsam hatte als ihm später lieb sein sollte: Bob Backlund. Auch er war ein Alleskönner im Ring, ein von allen Seiten respektierter Langzeitchampion und ein Mann, der den Plänen von Vince McMahon am Ende im Weg stand.

BILD7Backlund hatte am 26. September 1983 eine fünfjährige Regentschaft als WWF Champion hinter sich. An jenem Abend verteidigte er seinen Gürtel gegen den Iron Sheik. Der Sheik setzte im Lauf des Matches den Camel Clutch gegen Backlund an. Der Champion gab nicht auf, doch er musste sich trotzdem geschlagen geben: Sein Manager Arnold Skaaland warf das Handtuch in den Ring und besiegelte damit das Ende von Backlunds Regentschaft. Oberflächlich betrachtet eine heldenmütige Rettungsaktion eines besorgten Mentors – doch dahinter steckten ganz andere Motive.

Skaaland warf das Handtuch im Auftrag von Vince McMahon – es war ein Screwjob mit einem ähnlichen Hintergrund wie Montreal 1997. So wie damals die Attitude-Ära vor der Tür stand, erhob 14 Jahre zuvor Hulkamania ihr Haupt: McMahon empfand Backlund zunehmend als Ballast und wollte baldmöglichst seinen Goldesel Hulk Hogan zum Champion machen. Weil er jedoch – wohl nicht ganz zu Unrecht – an Backlunds Bereitschaft zweifelte, sich für Hogan beziehungsweise einen Übergangschampion wie den Sheik hinzulegen, legte er ihn offenbar aufs Kreuz. Es gibt jedoch auch Autoren, die Backlunds Version der Geschichte anzweifeln und sagen, dass der Handtuchwurf mit ihm abgesprochen war – als unter den Umständen beste Lösung, um sein Gesicht zu wahren. Wie dem auch sei: Einen Monat danach holte sich Hogan den Titel und läutete die erste große Boomphase der WWF ein. Backlund verschwand von der Bildfläche. Kaum einer glaubte ihm seine Darstellung der Geschichte – auch nicht Bret Hart.

Zurück ins Jahr 1994: Mittlerweile war etwas Gras über den Vorfall gewachsen und Backlund bekam einen weiteren Run in der McMahon-Company - zunächst allerdings nur als Face mit Edeljobber-Status. Dann jedoch wandelte er sich zum psychopathischen Bösewicht, der den umstrittenen Titelverlust von 1983 nie überwunden hatte und das Gold deshalb zurückforderte. Vince McMahon machte also wie so oft einen realen Vorfall zu einer Storyline. Hart und Backlund begegneten sich bei der Survivor Series 1994 in einem Submission Match der besonderen Art: Gewinnen sollte am Ende derjenige dessen Sekundant das Handtuch für ihn wirft.

Beide Akteure mussten zu diesem Zweck einen Freund mit zum Ring bringen: Bret wählte den British Bulldog, Backlund – wie sollte es anders sein – Brets Bruder Owen. Dieser entschied am Ende auch das Match, allerdings anders als sich die Fans das gedacht hatten. Als Bret Hart in Backlunds Finisher, dem Chicken Wing Crossface, landete, hatte sich der Bulldog bei der Verfolgung Owens gerade selbst ausgeknockt. Owen spielte deshalb Mutter Helen den besorgten Bruder vor und flehte sie an, für Bret das Handtuch zu werfen. Helen tat es dann auch tatsächlich und machte damit Backlund zum Champion – was Owen mit diebischer Freude registrierte.

Der zu diesem Zeitpunkt bereits 44-jährige Veteran Backlund konnte sich jedoch nicht lange über den Titelgewinn freuen: Drei Tage, acht Sekunden und eine Jackknife Powerbomb später nahm der mittlerweile zum Publikumsliebling gewordene Diesel ihm den Titel in New York wieder ab. Und Diesels logischer Herausforderer Nummer eins war selbstredend der um den Gürtel betrogene Bret Hart.

Kapitel 8: Scharmützel mit der Kliq

Bret und Diesel trafen bei Royal Rumble 1995 aufeinander, doch zu einer klaren Entscheidung sollte es nicht kommen: Weil sowohl Owen und Backlund als auch Diesels zwischenzeitlicher Erzfeind Shawn Michaels und Jeff Jarrett - der streng genommen mit keinen von beiden etwas zu tun hatte – das Match unablässig störten, endete der Kampf in einer doppelten Disqualifikation.

BILD8Nach diesem wenig zufrieden stellenden Finish musste sich Bret eine Weile aus dem Titelrennen verabschieden und beglich stattdessen ein paar Rechnungen mit alten Kontrahenten. Los legte er damit noch am selben Abend, als er Owen und Backlund so heftig attackierte, dass beide keine Chance mehr in dem Rumble Match hatten. Die endgültige Revanche gegen Backlund gelang Bret bei WrestleMania XI, als er ihn im allerersten I-quit-Match der WWF-Geschichte mit dessen eigenen Finisher zur Aufgabe zwang.

Den Rest des Jahres fehdete Bret noch einmal gegen seinen alten Widersacher Jerry Lawler. Beim King of the Ring bezwang er ihn in einem wenig geschmackvollen Kiss My Foot Match, auch gegen die von Lawler auf Bret angesetzten Undercarder Hakushi und Isaac Yankem – der spätere Kane – setzte sich der Hitman durch.

Unterdessen eilte der immer noch amtierende Champion Diesel von Sieg zu Sieg – was dem Hitman nicht sehr gefiel. Vor und hinter der Kamera kritisierte er Kevin Nash dafür, dass er nicht dieselbe Liebe für den Gürtel empfinden würde wie er. Von diesem Vorwurf mag man halten was man will: Fakt jedenfalls war, dass Diesels Regentschaft der WWF nicht gut tat. Vince McMahon war es zwar gelungen, aus dem unscheinbaren WCW-Undercarder Vinnie Vegas einen Main Eventer zu formen, doch die Champion-Bürde war zu schwer für Nashs Schultern – was sich an sinkenden Einschaltquoten und Zuschauerzahlen festmachen ließ.

Somit war es auch keine Überraschung, dass das nächste Aufeinandertreffen der beiden für sich entscheiden konnte: In einem No Holds Barred Match bei den Survivor Series 1996 überraschte Bret Diesel mit einem Rollup und sicherte sich den Championtitel damit zum dritten Mal. Nach dem Match rastete Diesel aus und verpasste dem Hitman die Jackknife Powerbomb.

„Big Daddy Cool“ hörte in den folgenden Monaten nicht auf, dem Hitman das Leben schwer zu machen. Beim Royal Rumble 1996 attackierte er den Ringrichter, als Bret seinen Titel gegen den Undertaker aufs Spiel setzte, was zur Disqualifikation des Champions führte. Wie Owen zwei Jahre zuvor wollte auch er sicher gehen, dass er Bret selbst den Titel wieder abnimmt. Wie Owen zwei Jahre zuvor traf er dann in einem Cagematch auf dem Hitman. Und wie Owen zwei Jahre zuvor zog auch er – beim In Your House zwischen dem Rumble und WrestleMania - den Kürzeren.

Es war auch nicht anders zu erwarten, denn in dem heiß ersehnten Main Event für die zwölfte Auflage von WrestleMania sollte Bret Hart auf ein anderes Mitglied der Kliq treffen: Den Heartbreak Kid Shawn Michaels. Seit dem letzten Aufeinandertreffen der beiden hatte HBK einen steilen Aufstieg in den Main Event hinter sich. Auch wenn er Vince McMahon mit seinem damals – diplomatisch ausgedrückt – exzessiven Lebensstil und seinen ständigen Weigerungen für andere den Job zu machen, bisweilen in den Wahnsinn trieb: Der WWF-Boss wusste, dass die wrestlende Ein-Mann-Boygroup sein künftiger Topstar sein würde. Der mittlerweile zum Publikumsliebling gewandelte Michaels gewann deshalb 1996 zum zweiten Mal hintereinander das Rumble-Match und verteidigte sein Anrecht auf ein Titelmatch bei In Your House gegen Owen Hart.

Um dem Match zwischen Hart und Michaels besondere Würze zu verleihen, legte Roddy Piper in seiner damaligen Rolle als On-Air-Präsident fest, dass das Match ein Iron Man Match werden sollte: Wer in den sechzig Minuten Matchzeit die meisten Falls errang, war der Gewinner. So weit die Theorie. In der Praxis allerdings gelang innerhalb dieses Zeitrahmens keinem der beiden ein Punktgewinn. Bret hatte Michaels zwar noch kurz vor dem Ende in den Sharpshooter genommen, doch der Heartbreak Kid rettete sich über die Zeit. Der zwischenzeitlich auf den Schild gehobene WWF-Präsident Gorilla Monsoon gab sich mit dem lauen Time Limit Draw jedoch nicht zufrieden und verordnete den beiden Kontrahenten eine Verlängerung, die Michaels relativ schnell mit der Sweet Chin Music für sich entscheiden konnte.

Kapitel 9: Die einsame Taube und die eiskalte Klapperschlange

Nach dieser Niederlage nahm sich Bret eine sechsmonatige Auszeit vom aktiven Wrestling – unter anderem, um ein Angebot für eine wiederkehrende Rolle in der kanadischen TV-Serie „Lonesome Dove“ anzunehmen. In diese schöpferische Pause fiel auch sein Vertragsende mit der WWF, was zu Zeiten der Monday Night Wars nur eine logische Konsequenz hatte: Ein irrwitziges Wettbieten der WWF und der WCW um den Hitman. WCW-Chef Eric Bischoff, der sich kurz zuvor unter anderem die Dienste von Kevin „Diesel“ Nash und Scott „Razor Ramon“ Hall gesichert und die WCW mit den beiden und dem NWO-Angle auf die Erfolgsspur gebracht hatte, unterbreitete dem Hitman letztendlich ein Angebot, dass er kaum ablehnen konnte: Es beinhaltete mit neun Millionen Dollar über drei Jahre eine weit bessere Bezahlung als bei der WWF – und das bei einem weniger umfangreichem Dienstplan.

BILD9Doch der Hitman entschied sich vor allem aus Treue zu seinem alten Arbeitgeber dagegen: Er unterschrieb einen 20-Jahres-Vertrag (!) bei der McMahon-Company, der ihm nach Ablauf der aktiven Laufbahn einen Posten im Office zusicherte. Etwa drei Jahre sollte er noch im Ring verbringen – seiner Vorstellung nach die meiste Zeit davon als Champion.

Doch es sollte anders kommen und ein Grund dafür war der Mann, der der erste Fehdengegner des Hitman nach dessen Comeback sein sollte: Stone Cold Steve Austin. Die Rattlesnake hatte sich in nicht einmal einem Jahr in der McMahon-Company zum absolut heißesten Heel der Liga gemausert und war damit der natürliche Gegner für den wiedergekehrten Hitman.

Bei den Survivor Series 1996 im New Yorker Madison Square Garden siegte der Hitman in einem gewohnt großartigem Match, doch das Aufeinandertreffen war nur die Ouvertüre zu einer monatelangen, erbitterten Fehde. Die beiden waren die perfekten Antipoden: Hier der bodenständige Saubermann Bret, dort der wild gewordene Schlägertyp Austin, der ohne Respekt alles und jeden attackierte und in seine zensurbedürftige Schimpfwort-Tiraden im Maschinengewehrtempo abfeuerte.

Das merkwürdige nur war: Das Publikum pfiff mehr und mehr auf die vorgesehene Rollenverteilung: Spätestens durch die Gründung der charismatischen New World Order war es in der Konkurrenzpromotion WCW chic oder besser gesagt „cool“ unter dem smarten Publikum geworden, den Heels zuzujubeln. Der Trend schwappte schnell auch in Richtung Stamford: Bei den Series wurde der eigentliche Fanliebling Shawn Michaels bei seinem Match gegen Sid regelrecht aus der Halle gebuht.

Auch Bret Hart bekam immer mehr zu spüren, wie die Fans ein Faible für das eigentlich Böse entwickelten. Während sein Charakter als Held der harten Arbeiter Abnutzungserscheinungen zeigte, wurde das Publikum immer verrückter nach Austin: Selbst als er den Hitman beim Royal Rumble unfair aus dem Rennen warf, erntete er noch Applaus dafür.

Die Dauerfehde setzte sich beim In-Your-House-Event „The Final Four“ fort, als beide in einem Elimination Match um den vakanten WWF-Championgürtel antraten. Der Titel wurde freigegeben, weil Shawn Michaels ihn aufgrund einer angeblichen Knieverletzung niederlegte – in Wahrheit wollte sich Shawn nicht für den Hitman hinlegen, der ihm den Titel bei WrestleMania abnehmen sollte. In dem Match zwischen Bret Austin sowie Vader und dem Undertaker wiederholte sich das Rumble-Szenario: Bret warf Austin aus dem Rennen, woraufhin der alles versuchte, um den Hitman unfair um den Sieg zu bringen – diesmal jedoch vergeblich: Hart holte sich zum vierten Mal den Titel, indem er den Taker über das oberste Seil beförderte.

Was Austin an diesem Abend nicht schaffte sollte ihm jedoch nur einen Tag später gelingen. Bei Brets erster Titelverteidigung knallte er dem Champion einen Stuhl an den Kopf und ermöglichte so Brets Herausforderer Sid den Titelgewinn. Kurz darauf wurde festgesetzt, dass die beiden ihre Differenzen endgültig beilegen sollten: In einem Submission Match bei WrestleMania 13.

Kapitel 10: Der Held hat ausgedient

Die beiden Kontrahenten stellten nicht nur ein Match auf die Beine, sondern eine epische Schlacht, die inzwischen als eines der besten Matches der nordamerikanischen Wrestlinggeschichte gilt – selbst der in dieser Hinsicht nicht gerade freigiebige Dave Meltzer vergab die Höchstwertung von fünf Sternen. Was als blutiger Brawl quer durch die Halle begann, endete in einem von Psychologie geprägtem Schlagabtausch, bei dem Bret alle Energie darauf verwendete, Austins Bein zu schwächen, um mit dem Sharpshooter den Sieg einzufahren.

BILD10Brets Strategie ging auf, wenn auch anders, als er sich das dachte: Obwohl er Austin minutenlang in seinem Finisher halten konnte, weigerte der sich standhaft, klein bei zu geben. Am Ende jedoch verlor Austin das Bewusstsein, woraufhin UFC-Star Ken Shamrock – der Gastringrichter des Aufeinandertreffens – den Kampf aufgrund des immensen Blutverlustes bei Austin abbrach. Bret gab sich damit jedoch nicht zufrieden und bearbeitete Austin weiter, bis Shamrock genug bekam und Bret gewaltsam von Austin trennte.

Mit dieser Aktion hatte Bret die Fans endgültig gegen sich aufgebracht der spektakuläre Doppelturn von Bret und Austin war vollzogen. Später am Abend störte Bret auch noch das WWF Heavyweight Title Match zwischen Sid und dem Undertaker, indem er beide und auch den Gastkommentator Shawn Michaels beleidigte, dem er vorwarf, seine Knieverletzung vorgetäuscht zu haben, um nicht gegen ihn antreten zu müssen – kurioserweise war das nicht einmal gelogen. Sid beendete das Schauspiel mit einer Powerbomb gegen Bret.

Der Turn markierte eine Zäsur in Brets Karriere. Fast zehn Jahre war der Hitman zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen das Babyface und so sollte es nach Harts Willen auch weitergehen – bis zu seinem Karriere-Ende. Doch Vince McMahon brachte ihn zu der Einsicht, dass er der Company als Heel besser dienen könnte, da er so gegen den Undertaker, Steve Austin und Shawn Michaels potenzielle Blockbuster-Fehden bestreiten konnte. Bret sträubte sich zunächst: „Ich war schließlich immer so stolz darauf, ein Held zu sein.“ Letztlich jedoch schloss er sich der Sichtweise seines Chefs an: „Man kann das Mädchen eben nicht ewig vor dem heranfahrenden Zug retten, ohne dass es langweilig wird.“

Der größere Rahmen, in den Bret Sinneswandel gesetzt wurde, war seine Enttäuschung darüber, wie sehr Amerika verkommen sein muss, wenn es einem Menschen wie Steve Austin zujubelt. Bret wandte sich daher von den amerikanischen Fans ab – und zwar ausdrücklich nur den amerikanischen. Die Konsequenz: Während er in den USA regelmäßig aus der Halle gebuht wurde, bejubelten ihn „seine“ Kanadier umso frenetischer.

Schnell suchte sich Bret Verbündete für seinen anti-amerikanischen Kreuzzug. Beim ersten Raw nach WrestleMania ging Bret dazwischen, als sein Bruder Owen und der British Bulldog kurz davor waren, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Mit einer emotionalen Ansprache beschwor er die Familienbande und rührte damit sogar den so lange vom Bruderhass zerfressenen Owen zu Tränen. Die drei schlossen sich zu einer neuen Hart Foundation zusammen. Jim Neidhart war da natürlich auch nicht weit, später komplettierte die „Loose Cannon“ Brian Pillman, die leider kurz darauf im Alter von nur 36 Jahren verstarb, die Fünferbande.

Die Hart Foundation fehdete in den kommenden Monaten mit so ziemlich jedem, der etwas auf Amerika hielt: Sycho Sid, der Legion of Doom, Goldust, Ken Shamrock dem Patriot Del Wilkes und natürlich dem amerikanischen Vorzeige-Antihelden Austin, der zu dieser Zeit in den USA selbst dann noch bejubelt wurde, als er Bret nach einem Street Fight noch im Krankenwagen attackierte. Der USA-Kanada-Angle fand seinen vorläufigen Höhepunkt beim In Your House Pay Per View Canadian Stampede, bei dem die Foundation Austin, Goldust, Shamrock und die LOD beim Heimspiel in Calgary bezwingen konnten.

Kapitel 11: Der alte Knastbruder muss raus

In den Wochen darauf nahm Bret erneut den WWF Championtitel ins Visier: Bei SummerSlam sollte er auf den Undertaker als amtierenden Titelträger treffen. Doch Brets Chancen standen schlecht: Denn als Gast-Ringrichter fungierte Brets alter Erzrivale Shawn Michaels. Die Animositäten der beiden beschränkten sich nicht nur auf das On-Air-Geschehen. Auch hinter den Kulissen flogen zu diesem Zeitpunkt die Fetzen. Grün waren sich die beiden gegensätzlichen Charaktere ohnehin nie und die Geschehnisse im Jahr 1997 verschärften den Konflikt weiter. Bret war sauer wegen Michaels’ Weigerung bei WrestleMania den Job für ihn zu machen. Der Heartbreak Kid dagegen nahm es Bret übel, dass er seit dessen Vertragsverlängerung mehr verdiente als er – obwohl Michaels in dessen Vertrag zugesichert wurde, dass er der Top-Verdiener der WWF sein sollte.

BILD11Als Folge gab es diverse Nickeligkeiten vor der Kamera. Die beiden vereinbarten zwar eine Art Waffenstillstand, Bret brach diesen jedoch als er in einer Promo Michaels’ Neid auf seinen Verdienst ansprach. Michaels revanchierte sich mit dem Kommentar, dass Bret „Sunny Days“ vor sich habe – eine Anspielung auf die angebliche Affäre des Hitman mit der WWF-Diva Sunny alias Tammy Lynn Sytch. Bret stellte Michaels daraufhin wütend zur Rede, was letztlich zu einem Handgemenge führte, bei dem Bret Michaels ein Büschel Haare ausriss. Rasend vor Zorn drohte Michaels daraufhin, die WWF in Richtung WCW zu verlassen und wollte auch nach dem sich die erste Aufregung legte nicht mehr mit Bret in den Ring steigen.

Das Summer-Slam-Match war dann das erste seit diesem Vorfall, bei dem Bret und Shawn zumindest indirekt wieder gemeinsam im Ring standen. Umso überraschender kam es, dass Michaels am Ende der entscheidende Faktor für Brets Titelgewinn war. Scheinbar versehentlich traf Michaels den Taker mit einem Stuhlschlag, als er Bret mit der Sitzgelegenheit attackieren wollte und zählte danach das Cover zu Gunsten des Kanadiers durch – der Beginn von Michaels’ Heel-Turn, der in der Gründung der berüchtigten D-Generation X gipfelte.

Brets fünfter Titelgewinn sollte zugleich sein letzter sein. Wie ihm die WWF wenig später mitteilte, hatte sich die Company bei den Vertragsverhandlungen mit ihm völlig verhoben und konnte sich ihren Champion schlichtweg nicht mehr leisten. Vince McMahon erklärte Bret, dass er den Vertrag brechen würde und legte ihm nahe, in Richtung WCW zu wechseln – sehr zu Brets Verdruss: „Ich fühle mich wie ein alter Knastbruder. Warum sollte ich in ein anderes Gefängnis, wo ich keinen der Wärter und Mitgefangenen kenne und nicht die beste Zelle habe?“ Er musste letztlich in das andere Gefängnis. In der Nacht auf den 1. November 1997 einigte sich der Hitman schließlich mit der Promotion aus Atlanta.

Neun Tage später stand die Survivor Series an mit dem Titelmatch zwischen Bret Hart und Shawn Michaels als Main Event. Unter normalen Umständen hätte Vince McMahon verordnet, dass Michaels dieses Match gewinnen und damit der WWF-Karriere des Hitman ein Ende setzen würde. Doch so einfach war es nicht: Bret hatte sich in seinem Kontrakt eine Klausel einbauen lassen, die ihm für die letzten dreißig Tage Vertragslaufzeit eine „vernünftige kreative Kontrolle“ garantierte. Und Bret machte hiervon auch Gebrauch: Zum ersten Mal in seinem Leben stellte er sich quer, als Vince McMahon etwas von ihm verlangte. Er wollte seinen Titel so nicht verlieren – nicht in seinem Heimatland und nicht gegen diesen Gegner. Michaels hatte den Hitman zwischenzeitlich noch mehr gegen sich aufgebracht, als er in einer Promo Brets Vater Stu angriff und meinte, dass dieser eigentlich schon tot sei und sein Körper das nur noch nicht realisiert hätte. Von diesem Mann wollte sich der Hitman nicht vor heimischem Publikum demontieren lassen.

Kapitel 12: Aufs Kreuz gelegt

Nach einigem Hin und Her, bei dem beide Seiten sich so beharkten, dass sie am Ende ihre jeweiligen Anwälte ins Spiel bringen mussten, einigte sich Bret mit der WWF schließlich auf folgendes Szenario: Das Titelmatch in Montreal sollte mit einem DQ-Finish enden. Bei darauf folgenden RAW würde Bret dann seinen Titel abgeben und eine versöhnliche Abschiedsrede halten – ein standesgemäßer Abschied, wie ihn McMahon nicht mal seinem Aushängeschild Hulk Hogan gewährt hatte.

BILD12Doch nicht jeder aus Brets Umfeld traute dem Braten: Davey Boy Smith und Vader warnten Bret kurz vor dem Event, wie ein Schießhund aufzupassen: Bret sollte bei Covern direkt bei eins auskicken und Shawn vor allen Dingen keine Aufgabegriffe ansetzen lassen. Bret jedoch teilte die Besorgnis seiner Freunde nicht – hatte er doch noch tags zuvor seinen engen Freund Earl Hebner überredet, das Match zu leiten. Beim Leben seiner Kinder schwor dieser, dass er eher seinen Job kündigen würde, als dass er Bret aufs Kreuz legen würde.

Zwischenzeitlich war in die Öffentlichkeit durchgesickert, dass Bret zur WCW wechseln würde – nicht jedoch die Hintergründe dafür. Die WWF-Fans, zumindest die, die über das damals noch junge Medium Internet verfügten hatten daher den Eindruck, dass Bret ihre Promotion im Stich lässt und zum Erzfeind überläuft. Es gab daher Buhrufe, als zu Beginn der Survivor Series erstmals Brets Name erwähnt wurde. Dass Bret auch während des Matches ausgebuht wurde, wusste Shawn Michaels jedoch zu verhindern. Als er bei seinem Einzug in die kanadische Flagge schnäuzte und sich dann auch noch seinen Allerwertesten mit ihr abwischte, war Bret wieder der unumstrittene Nationalheld.

Dann kam das Match, das wie folgt enden sollte: Nachdem einem K.o. von Hebner sollte Michaels in einem Akt der Großspurigkeit Brets eigenen Finisher, den Sharpshooter ansetzen. Bret sollte die Aktion dann auskontern und seinerseits die Aktion ansetzen. Shawn sollte abklopfen, jedoch ohne dass Hebner es sehen könnte. Bret sollte den Ringrichter dann aufwecken und vom HBK mit der Sweet Chin Music überrascht werden. In dem Moment sollte Ersatz-Referee Mike Chioda zum Ring eilen, um das Cover von Michaels zu zählen. Bevor er bei drei ankommen hätte können, sollte dann der Rest der Hart Foundation zum Ring eilen und das Chaos ausbrechen. Sollte.

Zunächst lief alles so wie es Bret mit dem für Finishs zuständigem Offiziellen Pat Patterson abgesprochen hatte: Earl Hebner wurde ausgeknockt und Shawn setzte den Sharpshooter an. Hebner stand dann jedoch urplötzlich wieder auf den Beinen war und veranlasste den Zeitnehmer, die Glocke zu läuten. Als dieser zögerte, weil er nicht wusste was los war, stieß der neben ihm sitzende Vince McMahon ihn mit dem Ellenbogen an und raunzte: „Ring the fucking bell!“ Die Glocke läutete, gerade als Bret dabei war, sich aufzurappeln, um den Griff umzudrehen. In diesem Moment fühlten sich die Fans wie damals Bret, als der Mongolian Stomper vor seiner Tür stand. Wieder war nicht klar, ob das jetzt die Fantasiewelt des Wrestlings war oder die Realität – es war letzteres.

Vince McMahon hatte sich nicht an die Absprache gehalten und auf brachiale Weise sein eigenes Finish durchgesetzt. McMahon wies Michaels, der mindestens ebenso perplex und wütend wie der Hitman wirkte, an, sich den Gürtel zu schnappen und Leine zu ziehen. Bret spuckte Vince McMahon ins Gesicht, bevor dieser Michaels folgte und zertrümmerte wütend mehrere Monitore, ehe Owen, Neidhart und der Bulldog zu Bret eilten, um ihn wenigstens ein bisschen zu beruhigen.

Kapitel 13: Bret screwed Bret?

Als Bret dann in den Backstage-Bereich ging, konfrontierte er zunächst Shawn Michaels. Der Heartbreak Kid schwor Stein und Bein, dass er nichts mit der Sache zu tun hätte und genauso überrascht und empört sei wie er. Michaels log: Er war eingeweiht und tat nur so als ob dem nicht so wäre, was er jedoch erst sechs Jahre später zugab. Dass er dieses Schmierentheater abzog, hatte allerdings einen guten Grund: Hätte er Bret auch nur einen Hinweis darauf gegeben, dass er ein Teil des Screwjobs war, wäre er von ihm womöglich standrechtlich zu Brei geschlagen worden.

BILD13Vince McMahon hatte sich derweil in seinem eigenen Büro eingeschlossen – er wusste, dass keiner von seinen Jungs Verständnis dafür haben würde, dass er den Mann aufs Kreuz legt, der sich mehr als zehn Jahre für ihn den Arsch aufgerissen hatte. Nach einer Weile klopfte es an McMahons Tür. Es war der Undertaker, der McMahon stinksauer klar machte, dass er aus seinem Schneckenhaus herauskommen musste und sich bei Bret zu entschuldigen habe.

Nach einer Weile schnappte sich Vince McMahon seinen Sohn Shane und die Offiziellen Sgt. Slaughter und Gerald Brisco und machte sich auf in Brets Umkleidekabine. Der Bulldog machten den Vier die Tür auf, als Bret gerade im separaten Badezimmer unter der Dusche stand. Bret bekam das mit und bedeutete Vince, dass er ihm eine verpassen würde, sollte er noch da sein, wenn er aus dem Bad kommt. Vince entschuldigte sich und erklärte, dass er es nicht zulassen konnte, dass Eric Bischoff bei Monday Nitro verkündete, dass Bret zur WCW komme und noch immer amtierender Champion sei.

Vince sagte, dass es einzige Mal gewesen sei, dass er Bret in den vergangenen 14 Jahren belogen habe. Bret zählte Vince daraufhin auf dem Stegreif 15 Lügen auf, die Vince ihm allein im laufenden Jahr aufgetischt hatte - allen in der Kabine Anwesenden fiel die Kinnlade herunter. Bret warnte Vince noch zweimal, dass er gehen sollte – Vince ging nicht. Als Bret aus dem Bad und Vince sah, materialisierte sich seine ganze Wut in einen Faustschlag gegen McMahons Kiefer, der so heftig war, dass Bret sich beinahe die Hand dabei brach. So endete die 14-jährige Geschäftsbeziehung und Freundschaft zwischen Bret Sergeant Hart und Vincent Kennedy McMahon.

Vince McMahon trat später vor die WWF-Kameras und meinte, dass er sich nichts vorzuwerfen hätte: Bret sei selbst schuld daran, an dem was ihm widerfahren ist. Er habe eine der wichtigsten Spielregeln des Geschäfts missachtet, nämlich dass er die Organisation und die Wrestler, die ihn groß gemacht haben, nicht respektiert habe bei seinem Abgang: „Der Ringrichter hat Bret Hart nicht betrogen. Shawn Michaels hat Bret Hart mit Sicherheit nicht betrogen. Auch Vince McMahon hat Bret Hart nicht betrogen. Ich glaube ehrlich, dass Bret Hart sich selbst betrogen hat – Bret screwed Bret!“

Vince McMahons Sichtweise mag absurd anmuten, doch aus geschäftlicher Sicht hatte er durchaus Gründe für sein Handeln. Dass die WCW Bret als amtierende WWF Champion präsentierte, wäre in der Tat ein heftiger Schlag gewesen. Wäre Bret mit dem Gürtel bei Nitro aufgetaucht, wäre es der Super-GAU gewesen – ein Szenario, dass Vince tatsächlich nicht ausschloss. Wer McMahons Paranoia nachzuvollziehen versucht, muss ein Jahr in der Zeit zurückgehen: Damals wechselte der amtierende WWF-Damenchampion Alundra Blayze alias Madusa nach Atlanta und warf ihren Gürtel vor laufender Kamera in den Müll – ein Tiefschlag, an der McMahon lange zu knabbern hatte. Der Mensch Vince McMahon wusste wohl, das Bret ihm so etwas nie angetan hätte. Doch der Geschäftsmann Vince McMahon wollte das Restrisiko eines ähnlichen Vorfalls nicht in Kauf nehmen.

Mit einer Anmerkung seiner Bret-screwed-Bret-Rede machte sich Vince jedoch lächerlich – nämlich bei dem Teil, an dem er behauptete, Bret hätte seine Wrestler-Kollegen nicht respektiert. Der Mann von dem sich die WWF-Wrestler am Abend des Screwjobs nicht respektiert fühlten, war Vince McMahon. Owen, der Bulldog, Neidhart und auch Mick Foley boykottierten die RAW-Ausgabe am Tag darauf. Fast der gesamte Locker Room spielte mit demselben Gedanken, bis Bret ihnen signalisierte, dass sie nicht ihren Job für ihn aufs Spiel setzen sollten. Neidhart, der Bulldog und auch Rick Rude – bis dahin der Bodyguard von Shawn Michaels’ D-Generation X wandten sich von der WWF ab und gingen in die WCW. Owen hatte dasselbe vor, kam jedoch nicht aus seinem Vertrag heraus. Bret Hart bekam übrigens kurz nach dem Screwjob einen Anruf von Bob Backlund, der Bret schlicht fragte: „Und, glaubst du mir jetzt?“

Kapitel 14: Ein neuer Anfang und ein tragisches Ende

Falls Vince McMahon Bret vor seinem Wechsel in die WCW schwächen wollte, hatte er das genaue Gegenteil erreicht. Der betrogene Hitman schwamm auf einer Woge der Sympathie, als die schmutzigen Details des Screwjobs nach und nach ans Licht kamen. Eric Bischoff konnte sich die Hände reiben. Die Konkurrenz hatte ihm ein Top-Babyface auf dem Silbertablett überreicht, das er nicht mehr groß aufbauen musste. Das Merkwürdige hierbei: Die WCW wusste nie so recht, dies für sich nutzen – wohingegen Vince McMahon den Hass auf sich geschickt zu seinem Vorteil ausspielte, indem er sich selbst zum Top-Heel machte.

BILD14Dabei begann Brets WCW-Karriere viel versprechend: Bei Starrcade 1997 half Bret Larry Zbysko in seinem Match gegen den NWO-Chef Eric Bischoff um die Kontrolle über Monday Nitro und verhalf dem damaligem Top-Babyface Sting zum Gewinn des World Heavyweight Titles gegen Hollywood Hogan. Kurz darauf startete er eine Fehde gegen Ric Flair, die bei Souled Out 1998 ihren Höhepunkt stattfand – einem Event, der nicht umsonst eine überdurchschnittliche Buyrate vorweisen konnte. Anschließend begann der Hitman sich mit der New World Order anzulegen.

Bret schaffte es schnell, den Großteil des WCW-Rosters in Sachen Beliebtheit zu übertrumpfen – was so manchem alteingesessenen Platzhirsch ein Dorn im Auge war. Die landläufige Meinung lautet, dass Bret nach seinem anfänglichen Push den Fallstricken der immer stärker wuchernden Backstage-Politik zum Opfer fiel. Aus welchem Grund auch immer hielten es die WCW-Oberen jedenfalls für eine gute Idee, den Hitman zum Heel zu turnen. Ohne einen erkennbaren logischen Grund half er im April 1998 Hollywood Hogan dabei seinen World Heavyweight Title gegen Randy Savage zurückzuerobern. Bret, der sich Hogans NWO trotzdem nicht förmlich anschloss, verbrachte den Rest des Jahres damit, um den United States Title zu kämpfen. Er holte ihn sich dreimal – zweimal gegen Diamond Dallas Page, einmal gegen Lex Luger. Zwei weitere Turns schädigten Brets Charakter jedoch weiter.

Kurz nachdem er den Titel im Februar 1999 endgültig an den Altstar Rowdy Roddy Piper verlor, begann sich Bret mit dem aufstrebenden Superstar Bill Goldberg anzulegen. Bei einer Nitro-Ausgabe im kanadischen Toronto rief er den Ex-Footballer heraus und forderte ihn zu einem Match heraus. Goldberg verpasste dem Hitman einen Spear, der jedoch für ihn schmerzhafter sein sollte als für Bret: Dieser hatte nämlich eine Stahlplatte unter seinem Shirt versteckt. Bret coverte Goldberg, zählte selbst bis drei und erklärte anschließend, dass er kündige.

In Wahrheit kurierte der Hitman eine Leistenverletzung aus. Sein Comeback sollte zwei Monate später erfolgen, als ihn der damalige World Heavyweight Champion Kevin Nash zu einem Titelmatch in der Tonight Show des Late Night Talkers Jay Leno herausforderte. Ein tragischer Schicksalsschlag verhinderte jedoch, dass dieses Match jemals stattfand. Einen Tag vor dem Match fand der WWF-Event Over The Edge stand, bei der sich Brets Bruder Owen als Blue Blazer vom Hallendach abseilen sollte. Weil das Haltegeschirr des Drahtseils jedoch nicht standhielt, stürzte Owen ungesichert aus über zwanzig Meter Höhe mit dem Kopf auf den Ringpfosten. Rund eine Stunde später erlag der erst 34-jährige Owen seinen Verletzungen.

Der tragische Unfall seines Bruders entfremdete den Hitman noch mehr von der WWF, da er die McMahon-Company mitverantwortlich für Owens Tod. „Ich war nie ein Stuntman, Owen war nie ein Stuntman“, meinte Bret: „Er hätte niemals erst in diese Situation gebracht werden dürfen, dass er sich von einem Hallendach in einen Ring herablässt.“ Bret nahm es der McMahon-Company außerdem übel, dass sie den Event nicht abbrachen und die darauf folgende RAW-Ausgabe zu einer Tributsendung für Owen zu machen – obwohl er sie ausdrücklich darum bat, genau das nicht zu tun.

Bret selbst erwies Owen im Oktober 1999 seinen Tribut, als er in der Kemper Arena in Kansas – also genau dort, wo Owen zu Tode kam – gegen Chris Benoit das beste Match seiner WCW-Karriere hinlegte. Er besiegte den Canadian Crippler mit dem Sharpshooter und blickte nach dem Match mit Tränen in den Augen gen Himmel. Eigentlich hätte Benoit nach Brets Willen dieses Match gewinnen sollten, aber dieser weigerte sich, Bret bei diesem Anlass verlieren zu lassen.

Kapitel 15: Ein Tritt beendet den Triumphzug

Zwangsläufig war der Hitman unter diesen Umständen wieder der Publikumsliebling. Rund einen Monat später sollten sich die beiden Kanadier wieder begegnen – diesmal im Finale eines Turniers um WCW World Heavyweight Title, der dem damaligen Champion Sting wegen einer Attacke gegen einen Ringrichter aberkannt wurde. Bret triumphierte erneut und konnte sich zum ersten Mal den wichtigsten Titel der WCW umschnallen.

BILD15Als nette Dreingabe hatte sich der Hitman in dem Turnier auch den US Title von Bill Goldberg erkämpft – verlor ihn aber noch vor dem Finale wieder an Scott Hall. Die beiden Publikumslieblinge Hart und Goldberg schlossen sich kurz darauf zusammen, um sich die Tag Team Titel von Creative Control zu holen – den beiden Handlangern der mysteriösen „Powers That Be“. Hinter diesen „neuen Mächtigen“ verbarg sich der frühere WWF-Booker Vince Russo, der von der WCW angeheuert wurde, um die kriselnde Promotion wieder auf Kurs zu bringen. Das glückte Russo bekanntlich nicht – unter anderem deshalb, weil er vor lauter mehr oder weniger gelungenen Insider-Scherzen gegen seinen alten Arbeitgeber vergaß, sinnvolle Storylines zu erarbeiten. Creative Control (Ron und Don Harris) war einer dieser Scherze: Russo nannte sie Patrick und Gerald nach Vince McMahons Vertrauten Pat Patterson und Gerald Brisco.

Bret und Goldberg, die bei Starrcade 1999 gegeneinander um den WCW World Heavyweight Title antreten sollten, verloren ihre Tag Team Titles nur eine Woche nach dem Sieg über Russos Jungs an die Outsiders Nash und Hall. Bei Starrcade sollte es dann zum Aufeinandertreffen der beiden Publikumslieblinge kommen, welches jedoch einen überaus kuriosen Verlauf nehmen sollte. Nachdem mehrere Referees versehentlich ausgeknockt wurden übernahm einmal mehr Brets alter Weggefährte Roddy Piper das Ruder. Dieser jedoch traf eine merkwürdige Entscheidung, indem er das Match abläuten ließ, als Bret gerade den Sharpshooter ansetzte – Montreal ließ grüßen. Mit steinerner Miene überreichte Piper Bret dem verwirrten Bret den Gürtel und verzog sich.

Erbost wandte sich Bret am kommenden Abend bei Nitro an die Fans und erklärte, dass er seinen Gürtel aus Protest niederlegen werde – um ihn erneut mit Goldberg auszukämpfen. Goldberg ließ sich nicht zweimal bitten, wurde jedoch kalt erwischt. Mit Hilfe von den Outsiders und Jeff Jarrett setzte sich Bret unfair gegen Goldberg durch. Kevin Nash schnappte sich darauf ein Mikrofon und erklärte: „The Band is back together“ – womit er natürlich nicht die Blues Brothers, sondern die gute alte New World Order meinte. Bret Hart enthüllte ein silbernes NWO-Shirts und sprayte mit seinen neuen Kameraden Goldberg und auch Piper, der dem „Man“ vergeblich zu helfen versuchte, die drei bekannten Buchstaben auf den Rücken.

Die Neuauflage der NWO war ein weiterer verzweifelter Versuch der WCW, wieder Oberwasser gegenüber der boomenden WWF zu gewinnen, der jedoch zum Scheitern verurteilt war. Der Grund: Fast sämtliche Mitglieder der neuen NWO zogen sich langwierige Verletzungen zu – und Bret Hart traf es am Schlimmsten von allen. De facto war seine Karriere bereits beendet, als er sich den Titel zum zweiten Mal sicherte – er wusste es nur noch nicht.

Im ersten Match gegen Bill Goldberg bei Starrcade hatte der frühere Football-Profi Bret einen schlecht platzierten Tritt an den Kopf verpasst, der eine schwere Gehirnerschütterung zur Folge hatte. Schlimmer noch: Bret erlitt das so genannte Post-Concussion-Syndrom, dass die Gehirnerschütterung chronisch machte. An eine Rückkehr in den Ring war somit nicht mehr zu denken. Der Mann, der selbst niemals einen Gegner verletzte, wurde am Ende durch die Unvorsichtigkeit eines Kontrahenten für immer außer Gefecht gesetzt – eine tragische Ironie des Schicksals. Dabei hatte Bret noch vor dem Match zu Goldberg gesagt: „Pass vor allem auf, dass du mich nicht verletzt!“

Kapitel 16: Er steht immer wieder auf

Logischerweise musste der Hitman seinen Titel abtreten und war von da ab nur noch sporadisch bei der WCW zu sehen. Bei New Blood Rising, dem ersten Pay Per View unter der gemeinsamen Ägide von Vince Russo und Eric Bischoff, bekam er im August 2000 einen Gastauftritt, bei dem er seinem kanadischen Landsmann für dessen Verteidigung des US Titles – beziehungsweise Canadian Titles, wie Storm den Gürtel damals umtaufte –, gegen Mike Awesome auf die Schulter zu klopfen. Zwei Wochen später attackierte er Bill Goldberg, den er für sein Karriere-Ende verantwortlich machte, mit einer Schaufel.

BILD16Bret war nicht glücklich darüber, dass ihn die WCW in diesen Kurzzeit-Angle steckte –besonders, da es sein letzter Auftritt für die darbende Company sein sollte. Am 20. Oktober 2000 entließ die WCW den Hitman aus seinem laufenden Vertrag. Sechs Tage später verkündete Bret Hart das endgültige Ende seiner aktiven Wrestling-Karriere. Kurz danach erinnerte sich Bret Hart in einem Interview an Vince McMahons Anmerkung, dass die WCW nichts mit dem Charakter Bret Hart anfangen könnte. Sein Fazit: „Er hatte recht“.

Brets Leidensgeschichte sollte damit jedoch nicht beendet sein: Der Prozess, den Owen Harts Witwe Martha gegen die WWF anstrengte, trieb einen Keil zwischen seine Familie: Bis heute sprechen diverse Mitglieder nicht mehr miteinander. Am 4. November 2001 starb Brets Mutter Helen an Diabetes, am 17. Mai 2002 erlitt sein Schwager Davey Boy Smith einen Herzinfarkt, der als Folge seiner Schmerzmittelsucht gilt, an der er litt seit er 1998 in der WCW von seinem Gegner Disco Inferno versehentlich auf eine Falltür geslammt wurde, aus der der Ultimate Warrior später emporsteigen sollte. Zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau starb auch das Familienoberhaupt Stu 88-jährig an einer Lungenentzündung.

Auch Bret selbst wurde von einem weiteren Schicksalsschlag heimgesucht: Am 24. Juni 2002 – Bret hatte gerade die ärztliche Freigabe erhalten, wieder leicht trainieren zu können – stürzte er beim Radfahren von seinem Gefährt und konnte sich nicht mehr richtig bewegen: „Ich fühlte mich wie ein Fisch, der von einem Angler aufgespießt wurde.“ Kein Wunder: Als Bret ins Krankenhaus geschafft wurde, stellten die Ärzte fest, dass er einen Schlaganfall erlitten hatte. Brets gesamte linke Seite war gelähmt.

Wie kaum anders zu erwarten ging Bret an die Reha mit derselben Einstellung an wie seine Wrestling-Karriere: Schon zehn Tage nach dem Schlaganfall konnte Bret bereits wieder laufen und inzwischen ist sein Körper so gut wie wiederhergestellt. Auch privat fand der Hitman nach der Scheidung von Julie 1998 neues Glück. Im September 2004 heiratete in einer geheimen Zeremonie die wunderhübsche Italienerin Cinzia.

Dem Wrestling-Geschäft blieb Bret natürlich ebenfalls verbunden: Den kurzlebigen World Wrestling Allstars diente er als Commissioner, außerdem stellte er sich für mehrere One Night Only Reunions der Hart Foundation zur Verfügung – unter anderem für Scott D’Amores Border City Wrestling. Auch die WWE bot Bret Hart mehrmals – etwa für WrestleMania XX - Gastauftritte an. Bret jedoch lehnte jedes einzelne Gesuch ab. Er hat stets erklärt, dass er nie wieder im WWE-TV zu sehen sein werde – und er hält sich bis heute daran. Zumindest jedoch konnte Vince McMahon ihn dafür gewinnen, an einer DVD über seine Karriere mit der Company zusammenzuarbeiten. Medienwirksam setzte Vince McMahon dabei einen Handschlag zwischen ihm und Bret in Szene. Die Geschäftsbeziehung zwischen Bret Sergeant Hart und Vincent Kennedy McMahon ist also in gewisser Weise wieder belebt worden – ihre Freundschaft jedoch sicher nicht.

Kapitel 17: Der Ritt in den Sonnenuntergang

Vor allem in Brets Heimatland ist die Popularität des Hitman ungebrochen, was sich vor allem an den nie verstummenden „You screwed Bret!“ Rufen ablesen lässt. Shawn Michaels, der inzwischen weltweit wohl am meisten respektierte aktive US-Wrestler, muss sie sich jedes Mal anhören, wenn er kanadischen Boden betritt. Das gleiche galt für Earl Hebner bis zu seiner Entlassung. Und selbst Hebners Sohn Brian – inzwischen selbst Referee bei der WWE – musste sich anhören: „Your Dad screwed Bret“. In dem Moment, in dem Shawn Michaels bei seiner grandiosen Heel-Promo in Montreal 2005 Brets Musik einspielen ließ, brandete der wohl lauteste Jubel der jüngeren WWE-Vergangenheit auf.

BILD17Die Kanadier wählten Bret bei ihrer Wahl zum „Greatest Canadian“ auf Platz 39 – vor illustren Namen wie Bryan Adams, Pamela Anderson, William Shatner und Donovan Bailey. Ein ähnliches Phänomen ist Brets Popularität in Deutschland: Zu Zeiten des großen Wrestling-Booms in Deutschland in den frühen Neunzigern, war Bret derjenige, der den deutschen Fans das lieferte, was die Mehrzahl von ihnen sehen wollte: Sauberes, schnörkelloses Wrestling. Bret Hart gewann 1993 einen Goldenen Otto der Jugendzeitschrift „Bravo“. Ein Jahr darauf schmückte er das Cover der allerersten Ausgabe der „Bravo Sport“. Bret Hart erwiderte die Liebe seiner deutschen Fans. Unablässig versprach er, seine WWF-Karriere in Good Old Germany zu beenden – ein Versprechen, dass er bekanntlich nicht halten durfte.

Bei all seiner Popularität war Bret nie auch nur annähernd so kommerziell erfolgreich wie etwa ein Hulk Hogan – aber vielleicht lieben ihn die Kanadier und Europäer auch genau deshalb. Hogan war „Larger than Life“ – Bret Hart ist immer nur so groß wie das Leben selbst gewesen. Anders als Hogan, der Vitamine predigte und Steroide einnahm, spielte Bret zeit seiner Karriere eigentlich nur sich selbst: Einen kämpferischen Vollblut-Wrestler. Auch in seiner Zeit als anti-amerikanischer Heel sagte er in seinen Promos hauptsächlich das, was er dachte. Ganz allgemein führte Bret die WWF weg von den cartoonesken Superhelden-Figuren wie Hogan und dem Ultimate Warrior und führte es ein Stück weit zurück zu ihren Wurzeln.

In der WWE war es selten der Fall, dass der beste Wrestler der Company auch dauerhaft zum Champion der Promotion wurde. Bret bildete eine der seltenen Ausnahmen. Er war ein Handwerker im besten Sinne, der sich im Ring ständig neu erfand und selbst aus einem Wischmob ein ansehnliches Match zaubern konnte – zumindest schaffte er es bei diversen Wrestlern, deren Fähigkeiten denen eines Wischmobs sehr nahe kamen.

Die Rückbesinnung auf die wrestlerischen Wurzeln, für die Bret stand, brachte der WWF allerdings nicht den kommerziellen Erfolg, den sie sich davon erhoffte. Der stellte sich erst ein, als Bret aufs Abstellgleis kam und die WWF auf der Schiene fuhr, die Bret so zuwider war und für die damals vor allem sein Dauerrivale Shawn Michaels stand: Gossensprache, sexuelle Anzüglichkeiten, immer kontroversere Angles – das alles entsprach nicht mehr Brets Vorstellung vom Wrestling. Noch während er selbst Champion der Promotion war, verbot er seinen Kindern, die RAW-Sendungen der eigenen Promotion zu verfolgen.

Doch auch wenn Bret das vielleicht nicht gerne hört: Die Attitude-Ära, die er so verachtet, wäre ohne Bret Hart so nicht denkbar gewesen. Bret Hart als Vertreter der altmodischen Werte war der perfekte Antipode, an der sich die Aushängeschilder der Ära – Steve Austin und die DX – abarbeiten konnten. Austin wäre auch niemals so populär geworden, wenn sein späterer Rivale Vince McMahon sich durch den Screwjob nicht so unpopulär gemacht hätte.

Dave Meltzer hat in seinem vorzüglichen Artikel über den Montreal Screwjob geschrieben, dass Bret am liebsten als der heldenhafte Cowboy, der am Schluss des Westerns siegreich in den Sonnenuntergang reitet. Es kam anders. Um im Meltzers Bild zu bleiben: Dem heldenhaften Cowboy wurde noch kurz vor Ende des Films vom sinistren Rinderbaron in den Rücken geschossen. Trotzdem oder wahrscheinlich sogar gerade deswegen wurde Bret Hart zur Legende.