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Bruiser Brody: "I believe in violence. I believe it's the one thing that's understood universally."

Biografie

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19.10.2006, 00:00 
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Es war eine Nacht im Januar, die der spätere WWF- und WCW-Superstar Lex Luger wohl nie mehr vergessen wird. Das Total Package, damals noch ein Frischling im Wrestlinggewerbe bestritt 1987 sein letztes Match für die Liga Championship Wrestling From Florida. Es war ein Steel Cage Match gegen den alten Hasen Bruiser Brody. Alles lief ganz normal - bis Brody mitten im Match aufhörte Lugers Schläge zu verkaufen und jegliche Kooperation mit ihm einstellte. Luger musste außerdem entsetzt feststellen, dass Brody sich Rasierklingen um die Finger getapet hatte. Panisch wandte sich Lex an den Ringrichter Bill Alfonso, der ihn schließlich anwies, ihn zu schubsen, damit er einen Grund hatte, ihn zu disqualifizieren und das Match abzuläuten. Kaum war das geschehen, flüchtete Lex - ein Berg von einem Mann - aus dem Käfig, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre.

Luger bekam an diesem Abend eine Kostprobe dessen, wofür der legendäre Bruiser Brody berühmt und zugleich berüchtigt war. Hinter den Kulissen war der Hüne aus New Mexico höflich, schweigsam und zurückgezogen. Sobald er jedoch durch den Vorhang trat, wurde er zu einem unkontrollierbaren Psychopathen, bei dem die Grenze zwischen einem abgesprochenen Wrestlingmatch und einer wüsten Schlägerei oft verwischte. Doch es war genau diese Unberechenbarkeit, die Bruiser Brody zu einer Legende des Wrestlinggeschäfts machte. Aber diese Unberechenbarkeit trug wohl auch dazu bei, dass es mit Brody ein frühes und tragisches Ende nahm.

Anfänge als Footballer

BILD1Bruiser Brody wurde am 14. Juni 1946 als Frank Goodish in einer Kleinstadt in der Nähe von Pittsburgh geboren, verbrachte aber den Großteil seiner Jugendzeit in New Mexico. Trotz seiner Größe von 2,01 Metern war Goodish immens athletisch und schlug daher die standesgemäße Schulsportkarriere ein. Er spielte Basketball und Football und spezialisierte sich schließlich auf Letzteres. Er war Linebacker an der Universität von Iowa, ehe er an die West Texas State University wechselte, wo sich eine ganze Reihe von späteren Wrestlingstars die Pads überstreiften: Dusty Rhodes, Tito Santana, Tully Blanchard, Terry Funk, Ted DiBiase und auch Brodys späterer Tag Team Partner Stan Hansen.

Goodish schaffte es schließlich zu den Washington Redskins in die NFL, allerdings nur zu der "Taxi Squad" des Teams, eine Art mobiler Reserve, die mit dem regulären Roster trainieren, aber nicht in Punktspielen auflaufen darf. Goodish wechselte schließlich in die kanadische CFL zu den Edmonton Eskimos, ehe seine Karriere schließlich beendete. Er verdingte sich danach als Rausschmeißer und auch eine Weile als Sportjournalist, ehe er sich auf Empfehlung seines früheren Teamkollegen Walter Johnson im Wrestlinggeschäft versuchte.

Goodish erzielte seine ersten Erfolge im Tri-State-Territorium (Oklahoma, Louisiana, Mississippi) des legendären Promoters Leroy McGuirk als Tag Team Partner von Stan Hansen. 1974 holten sich Hansen und Goodish - der damals noch unter seinem richtigen Namen antrat - die NWA US Tag Team Titel. Ein Jahr später holte sich Goodish als "Bruiser" Frank Brody seinen ersten Einzeltitel, indem er Ray Candy den NWA Western States Title abnahm.

Mit seinem Barbaren-Look - riesenhafte Statur, Vollbart, lange Lockenmähne und Fellrandstiefeln - war Brody der geborene Bösewicht. Aber Brody konnte mehr als bedrohlich aussehen. Er war für seine Größe ungemein agil - er beherrschte Dropkicks, Kopfscheren und auch die eine oder andere Flugaktion. Vor allem aber war er ein exquisiter Brawler. Das fiel schnell auch dem berühmten Killer Kowalski auf, der Vince McMahon Sr. überredete, Brody in die World Wide Wrestling Federation zu holen. Obwohl er gerade einmal drei Jahre im Geschäft war bekam Bruiser Brody dort schnell ein Programm gegen den damaligen World Champion "The Living Legend" Bruno Sammartino. Die beiden trafen zwischen 1976 und 1977 in allen möglichen Matchvarianten aufeinander, wobei Sammartino jedoch stets die Oberhand behielt.

Das letzte Match der Kontrahenten stieg am 5. Februar 1977 in Philadelphia. Danach wurde Brody nie wieder von den McMahons gebucht. Gerüchten zufolge geriet Brody an diesem Tag in eine Prügelei mit Gorilla Monsoon, dem es angeblich gar nicht gefiel, dass jemand ihm seinen Platz als wichtigster "Big Man" der Liga streitig machte.

Der letzte Outlaw

BILD2Brody schaffte jedoch das Kunststück, auch ohne die McMahons im Rücken zum Superstar zu werden. Brody bekam speziell im Süden der USA immer mehr Bookings und hinterließ überall, wo er war einen bleibenden Eindruck. Fritz von Erich, Brodys Verbindungsmann in Texas, verschaffte Brody 1979 seine ersten Auftritte in Japan - und die Fans aus dem Mutterland des Puroresu fingen schnell Feuer für den durchgeknallten Gaijin. Brody belebte sein Tag Team mit Hansen wieder und die beiden mauserten sich zum vielleicht größten US-Tag-Team der Geschichte von All Japan Pro Wrestling - neben ihren Dauerrivalen, den Funk Brothers.

Brodys Erfolgsgeheimnis im Land der aufgehenden Sonne: Das Wrestling wird dort traditionell noch viel mehr als anderswo als realer Sport empfunden - und Brody verstand es wie gesagt perfekt, einen Match real aussehen zu lassen. Dazu wurden seine ständigen Bellgeräusche zum Kult - schnell bellte das ganze Publikum mit ihm im Chor. Brodys zunehmende Popularität in Japan machte ihn unabhängig von den US-Promotern - und er nutzte das aus. Er galt als der letzte Outlaw der Wrestlingwelt. Zu einer Zeit, als die "Big Two" - die World Wrestling Federation und die National Wrestling Alliance - den US-Markt schon unter sich aufgeteilt hatten, spielte er weiterhin nach seinen eigenen Regeln. Brody ordnete sich nie einer Promotion unter, sondern zog immer weiter von Territorium zu Territorium.

Brody war allerdings alles andere als ein traditionalistischer Romantiker: Er war ein knallharter Geschäftsmann, der stets das Beste für sich herauszuholen wusste - ohne Rücksicht auf die berühmten ungeschriebenen Gesetze des Geschäfts. Wenn seine Präsenz nicht ein Garantieschein für erhöhten Ticketabsatz gewesen wäre, wäre er wohl irgendwann in der ganzen Welt zur Persona non grata geworden. Er ignorierte Anweisungen von Promotern, lieferte sich mehrmals Backstage-Fights mit Kollegen - von denen er der Legende nach nie einen verlor - und verletzte mehrfach aus Versehen Fans bei seinem Einzug, als er unkontrolliert Stühle oder seine patentierte Metallkette schwang. Vor allem aber war Brody berühmt dafür, Auftritte platzen und Promoter im Regen stehen zu lassen, wenn etwas nicht nach seinem Gusto lief.

Bei solchen Aktionen ging es nicht immer ums Finanzielle. Oft ging es darum, dass Brody seinen Status schützen wollte - gerade mit Blick auf seine häufigen Auftritte in Japan. Brody war stets darauf bedacht, seinen Nimbus als echter Athlet zu wahren - weshalb er sich fast nie damit einverstanden erklärte, ein Match fair zu verlieren. Einmal etwa war Brody für ein Match in Österreich gebucht, wo er sich für die Euro-Legende Otto Wanz hinlegen sollte. Als Brody jedoch mitbekam, dass japanische Journalisten in die Alpenrepublik reisen wollten, um über das Aufeinandertreffen zu berichten, ließ er es platzen: Die Kunde, dass er gegen jemanden verliert, den in Fernost niemand kannte, sollte auf keinen Fall dorthin gelangen. Brody verlor in den Achtzigern sechs Jahre kein Match sauber.

Brody war zeitweise der bestbezahlte Wrestler der Welt. Mitte der Achtziger hatte er ein Garantiegehalt von 14.000 Dollar pro Woche, nachdem sich Japans Top-Promotions All Japan und New Japan 1985 auf ein Wettbieten um ihn einließen. New Japan gewann das Pokerspiel und Brody wechselte die Seiten - ein Ereignis, das es auf die ersten Seiten von Japans Zeitungen schaffte. Brody kämpfte bei New Japan mehrfach gegen Antonio Inoki, hielt es dort jedoch auch nicht lange aus. Er und sein Partner Jimmy Snuka tauchten nicht zu einem Tag-Team-Turnier auf und waren fortan kein Thema mehr für die Liga. Angeblich ging es - wie so oft bei Brody - ums liebe Geld.

Bei all seinen Erfolgen in Japan vernachlässigte Brody jedoch auch nie seine Heimatbasis. Brody trat - immer häufiger als Publikumsliebling - quer durch die Südstaaten an, teils unter seinem Zweitnamen "King Kong Brody", den er sich wegen der Namensgleichheit mit dem populären Dick The Bruiser zulegen musste. 1983 war Brody mehrfach kurz davor, Ric Flair in Missouri den NWA World Heavyweight Title abzunehmen. Die Auftritte, die den US-Fans wohl jedoch am meisten in Erinnerung blieben, waren die für Fritz von Erichs World-Class-Promotion. Brody lieferte sich harte Fehden mit anderen Monstern wie Kamala, The One Man Gang, Terry Gordy und vor allem Abdullah The Butcher - und richtete dabei fast jedes Mal ein Blutgericht in Texas an.

Seine Kampfserie mit Abdullah endete damit, dass Brody im Dezember 1986 ein Loser Leaves Town Match verlor, weil Gary Hart, der Manager des "Madman From The Sudan", zu seinen Ungunsten eingriff. Brody schlug der Vertragsklausel jedoch ein Schnippchen und kehrte als maskierter Red River Jack nach Texas zurück - und bekam seine Rache an Hart, indem er sich in einem Match fünf Minuten im Ring mit ihm verdiente. Danach konzentrierte sich Brody wieder mehr auf das Auslandsgeschäft: Er kehrte zu All Japan zurück und trat daneben noch für das World Wrestling Council in Puerto Rico an - wo die Geschichte des Bruiser Brody ein bitteres Ende fand.

Blutiges Ende in Puerto Rico

BILD3Es war der 16. Juli 1988, eine heiße, schwüle Sommernacht. Brody war auf dem letzten Termin einer viertägigen Tour im Bayamon Stadium in der gleichnamigen Stadt. Vor Ort waren unter anderem der WWC-Promoter Carlos Colon - Vater des WWE-Superstars Carlito -, der WWE-Hall-of-Famer Tony Atlas, der heutige TNA-Booker Dutch Mantel, der inzwischen verstorbene spätere Promoter Victor Quinones, die späteren WWF-Stars Doug Furnas, Phil LaFon, Miguel Perez und Savio Vega, "Nature Boy" Buddy Landel, die Youngblood-Brüder Chris und Mark, "Hangman" Bobby Jaggers und Jose Huertas Gonzales, bekannt als Invader #1.

Gonzales war einer der Topstars auf der Insel und trat in den Achtzigern auch ein paar Mal in der (W)WWF an, wo er und Brody in den Siebzigern das erste Mal aufeinander trafen. Die beiden waren sich nicht grün. Angeblich trug der Puerto Ricaner es seinem Rivalen nach, dass er ihn damals im Ring nicht gut genug aussehen ließ. Gonzales war inzwischen Booker und Miteigentümer des WWC, die Differenzen könnten also auch bis zu einem gewissen Grad geschäftlicher Natur gewesen sein. Fakt jedenfalls war, dass es Spannungen zwischen den beiden gab, die mit Händen zu greifen waren.

Fragt man drei Personen, die an besagtem Abend vor Ort waren, bekommt man in etwa sechs verschiedene Versionen zu hören, was vor, an und nach diesem Tag geschehen ist. So viel scheint allerdings sicher zu sein: Gonzales bat Brody vor den anderen Wrestlern in der Babyface-Umkleide, mit ihm unter die Dusche zu kommen um geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen. Was einigen Kollegen da schon auffiel: Gonzales verbarg aus irgendeinem Grund seine rechte Hand unter einem Handtuch.

Warum er dies tat, sollte ein paar Minuten später schreckliche Gewissheit werden. Man hörte einen lauten Schrei, Brody stolperte blutüberströmt aus der Dusche und sackte zu Boden. Gonzales hatte ihn mit einem Messer, das er augenscheinlich mit unter die Dusche genommen hatte, niedergestochen. Brody hatte drei Stichwunden in Bauch und Brust, aus einer stiegen Luftblasen auf - ein Anzeichen dafür, dass einer der Messerstiche die Lunge getroffen hatte.

Bis der Krankenwagen eintraf, dauerte es rund vierzig Minuten, eine gefühlte Ewigkeit. Nach Darstellung von Mantel musste Quinones einen lokalen Radiosender anrufen, damit sie einen Notruf über den Sender gehen ließen - den zufällig zwei Sanitäter hörten, die sich in einem nahe gelegenen Fast-Food-Restaurant befanden. Die Sanitäter konnten Brody nicht hochheben, weil er für sie zu schwer war. Der muskelbepackte Atlas musste ihnen helfen, Brody zum Wagen zu schleppen. Brody wurde in das Centro Medico in San Juan gebracht, wo die Ärzte gleich zwei Notoperationen durchführten, um Brodys Leben zu retten - vergeblich. Brody verblutete um 5.40 Uhr am darauf folgenden Morgen.

Was die Ärzte nicht wussten: Brody hatte kurz zuvor mehrere Aspirin geschluckt - aller Wahrscheinlichkeit nach deshalb, weil er bladen wollte. Das hatte er in seiner Karriere bereits so oft gemacht, dass seine Stirn vor lauter Rasiermessernarben inzwischen aussah wie ein Produkt-Strichcode. Die Blut verdünnende Wirkung der Tabletten hätte den Effekt noch spektakulärer gemacht. So allerdings beschleunigten die Medikamente den Blutverlust und verhinderten eine Schorfbildung, die Brody vielleicht das Leben gerettet hätte.

Fragwürdige Aufarbeitung und zweifelhafte Tributgesten

BILD4Warum Bruiser Brody sterben musste, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Gonzales behauptete, dass Brody ihn zuerst attackiert hätte und in Notwehr gehandelt zu haben. Dass das so stimmt, ist mehr als zweifelhaft. Es stellt sich nämlich die Frage, warum Gonzales überhaupt erst ein Messer mit unter die Dusche nehmen musste. Auch wenn Brody kein Chorknabe war, Gonzales' Leben hing wohl kaum davon ab, dass er es Brody in die Lunge rammen musste. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, dass Brody deswegen erstochen wurde, weil er sich weigerte, sich für die Zukunftshoffnung Danny Spivey hinzulegen - doch darum wurde er nach den Informationen der Newsletter-Koryphäe Dave Meltzer nie gebeten. Andere Quellen sagen, dass Brody mit der WWC über Kreuz lag, weil er seine Antrittsgelder nicht ordnungsgemäß versteuerte - was andere als Unsinn zurückweisen, da es heißt, dass kein Mensch in der puertoricanischen Szene Steuern zahle. Die wahrscheinlichste Erklärung lautet, dass die lang anhaltenden persönlichen Spannungen zwischen Brody und Gonzales an diesem Abend eskaliert waren.

Der Tod Bruiser Brodys löste Entsetzen aus. Aber noch entsetzlicher war die Aufarbeitung der Ereignisse vom 16. Juli 1988 - wenn man sie überhaupt so nennen kann. Jose Gonzales wurde verhaftet und wegen Mordes angeklagt. Doch er kam auf Kaution frei und arbeitete weiter im WWC-Office, als ob nichts gewesen wäre. Der Prozessauftakt wurde mehrfach verschoben und die Anklage auf Totschlag abgemildert. Zu der Verhandlung erschien kein einziger US-Wrestler, alle Puerto Ricaner sagten zu Gunsten von Gonzales aus - ebenso wie zwei Ärzte, die behaupteten, dass Brody ihnen gegenüber seinen mutmaßlichen Mörder kurz vor seinem Tod noch entlastete. Colon spekulierte im Zeugenstand, dass die Auseinandersetzung damit zu tun gehabt haben könnte, dass Brody gegen der Dresscode der Liga verstoßen und sich nicht ordentlich genug gekleidet hätte, als er im Stadion ankam. Schlussendlich kamen die Geschworenen mit einer 9:3-Mehrheit zu dem Schluss das Gonzales in Notwehr gehandelt hätte. Er verließ den Gerichtssaal als freier Mann.

Wie konnte es zu dieser Farce kommen? Es kursieren die wildesten Theorien. Die spannendste Frage lautet, warum die US-Wrestler nicht bei dem Prozess waren. Es gibt zwei populäre Erklärungsmöglichkeiten. Die eine lautet, dass sie gar keine Gelegenheit dazu hatten, weil die Organisation des Prozesses desolat war. Mantel berichtete, dass er seine Vorladung zu dem Prozess erhielt, nachdem das Urteil schon gesprochen war. Andere Beteiligte sprechen davon, dass die potenziellen Belastungszeugen um ihr Leben fürchten mussten - vor allem Tony Atlas, der bei der polizeilichen Vernehmung aussagte, dass er die Auseinandersetzung durch ein Badezimmerfenster gesehen hätte und dass es Mord gewesen wäre. "Savio Vega sagte mir am selben Abend, dass ich nicht ins Bett, sondern direkt zum Flughafen gehen und den ersten Flug weg von dort nehmen sollte, wenn ich den Tag darauf noch erleben wollte", erklärte Atlas später in einem Interview. Ohne seine Zeugenaussage war die Anklage nicht aufrecht zu erhalten.

Den Verdacht, dass die Verantwortungsträger der Liga mitgeholfen haben, die wahren Umstände von Brodys Tod zu vertuschen, hat das WWC bis heute nicht abschütteln können. Die Palette der Anschuldigungen reicht von Bestechung der Behörden, Beeinflussung der Zeugen bis zum Verschwinden Lassen der Tatwaffe. Egal, wie viel an den Vorwürfen tatsächlich dran ist: Amerikanische Wrestler machten in den folgenden Jahren einen großen Bogen um das mutmaßliche Moloch - teils aus Empörung über die Geschehnisse, teils aus nackter Angst, dass sie enden wie Brody. Als Konsequenz daraus stürzte das WWC in eine Krise von der sich die Promotion bis heute nicht erholt hat.

Zwei Jahre nach Brodys Ermordung startete der japanische Superstar Atsushi Onita einen Angle, gegen den die Ausschlachtung von Eddie Guerreros Tod seitens der WWE pietätvoll war. Er reiste mit einigen Fotografen nach Puerto Rico und inszenierte eine Messerattacke von Jose Gonzales gegen ihn. Danach wollte Onita Gonzales allen Ernstes nach Japan bringen um in seiner FMW eine Fehde gegen ihn zu starten, in der er sich als Brodys Rächer stilisieren wollte. Die Fans machten ihm jedoch rechtzeitig klar, dass sie den Invader nicht in einem japanischen Ring sehen wollten. Manche Verschwörungstheoretiker glauben gar, dass die japanische Yakuza-Mafia Gonzales nicht lebend aus Japan herausgelassen hätte.

In Puerto Rico dagegen durfte Gonzales ungehindert wieder in den Ring - und das auch noch als Babyface. Gonzales ist inzwischen zur Konkurrenzpromotion IWA Puerto Rico gewechselt, die bis zu seiner Verpflichtung eine jährliche "Bruiser Brody Memorial Show" auf die Beine stellte - seit 2005 veranstaltet das WWC diese Shows. Gonzales hing in diesem Jahr seine Stiefel an den Nagel - nicht ohne dass die Causa Brody noch einmal mit ihm ausgeschlachtet wurde. Vor seinem Retirement-Match gegen Savio Vega starteten die beiden einen Angle, in dem Vega Gonzales mit einer Gabel niederstach.

"Ich glaube an Gewalt!"

BILD5Es gab jedoch auch würdigere Tributgesten für den verstorbenen Brody. Knapp einen Monat nach seinem Tod veranstaltete All-Japan-Promoter Giant Baba eine Tribut-Show vor 16.300 Zuschauern in der Tokioter Budokan Hall. Die Einnahmen des Events gingen an Brodys Witwe und ihren gemeinsamen Sohn. Der Wrestling Observer reagierte auf Brodys Tod unter anderem damit, dass er seine jährliche Auszeichnung des besten Brawlers, die Brody zu Lebzeiten siebenmal gewann in dem "Bruiser Brody Memorial Award" umtaufte.

Jeder, der diesen Award nach ihm bekam, war deutlich von Brody beeinflusst: Terry Funk, Steve Austin, Brock Lesnar und natürlich Mick Foley, dessen Look und Charakter in vielerlei Hinsicht an Brody angelehnt ist. Überhaupt ist kaum ein Wrestler öfter nachgeahmt worden als Brody: Der Berzerker John Nord etwa oder auch Sylvester Terkay - speziell zu seiner Japan-Zeit - waren beziehungsweise sind 1:1-Kopien.

Was aber war es, was Brody so faszinierend für Millionen von Fans machte? Man bekommt eine Ahnung davon, wenn man ihn selbst sprechen lässt. Ein Journalist fragte Brody einmal, ob er ein wenig über die Person hinter seinem Wrestlingcharakter erzählen könnte. Obwohl seine Antwort "in character" blieb, gab sie doch einen tiefen Einblick in das Selbstverständnis der Bruisers:

"Ich sage das jetzt in aller Ehrlichkeit: Ich glaube an Gewalt. Gewalt ist die Sprache, die in der ganzen Welt verstanden wird. Wenn man sein Kind erzieht, kommt irgendwann der Moment, in dem du ihm einen Schlag auf den Hinterkopf verpassen musst. Und genau so läuft es, wenn du es mit diesen reichen Hurensöhnen zu tun hast, die diese Welt regieren. Der Typ im Dreireiher, der sich in der Schlange am Flughafen vor dich stellt und fragt: ‚Oh, stehen Sie auch an?' Warum zur Hölle stehe ich wohl sonst hier? Oder wenn man mit seiner Frau oder seinen Freunden im Auto herumfährt und ein Typ dich überholt, dich wild anhupt und dir den Finger zeigt. Ich bin der Meinung, man muss diesen Typen verfolgen und ihm das Hirn rausprügeln. Wenn man jemandem erzählt, dass man an Gewalt glaubt, kriegt man gesagt: Du hast sie nicht mehr alle, du bist irre, du bist rückständig. Aber schau zurück in die Zeit der Gladiatoren. Diese Männer wurden respektiert und im Grunde ist das heute nicht anders. Früher oder später musst du jemanden an der Kehle packen und ihm sagen: Wir klären das jetzt!"

Brody war der Gladiator der Moderne. Brutal und rücksichtslos, wenn es in die Arena ging - aber genau deshalb auch so umjubelt. Brody war der personifizierte Antipode zu der bunt schillernden Wrestlingwelt der Achtziger. Bruiser Brody war "Counter-Culture", eine Kultfigur für Hardcore-Fans, eine Ein-Mann-ECW. In einem Geschäft, in dem die Show den sportlichen Aspekt mehr und mehr überlagerte, gab er den Fans noch das Gefühl, dass sie Zeugen eines echten Kampfes von Mann zu Mann waren.

Dazu passt auch das unbestätigte Gerücht, dass Vince McMahons Gegner Brody überzeugen wollten, bei der ersten WrestleMania den Ring zu stürmen und Hulk Hogan sowie dessen Partner Mr. T zu verprügeln. Es wäre eine interessante Vorstellung, was passiert wäre, wenn diese Story stimmen würde und er auf das Angebot eingegangen wäre. Vermutlich wäre es Hogan und dem Hollywood-Star nicht anders gegangen wie Lex Luger in Florida.