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Adrian Street: Die taffste Tunte des Wrestling wird 65

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Published on:
05.12.2005, 00:00 
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In Hollywood sind Schauspieler oft dann am besten, wenn sie gegen ihr eigenes Image anspielen: Denzel Washington, der Schwiegersohn schlechthin, heimste den Oscar ein, als er in Training Day den kaltblütig-korrupten Bullen mimte. Robert de Niro, die Blaupause des finsteren Mafioso machte in „Reine Nervensache“ auf weinerlich und den Film so zum Kassenschlager. Auch im Wrestling funktioniert das simple, aber effektive Rezept: Eines der besten Beispiele hierfür ist „Exotic“ Adrian Street, der heute 65 Jahre alt wird. Der Brite feierte seine größten Erfolge, als er das Image des maskulinen Schlägertypen abstreifte und seine weibliche Seite herauskehrte.

Der Spitzname „Exotic“ ist bei Street natürlich etwas euphemistisch. Knallhart beim Namen genannt heißt das Kind „tuntig“. Street war zwar nicht der erste, der das Macho-Publikum mit femininen Verhaltensweisen zur Weißglut trieb – diese Idee hatte der legendäre Gorgeous George schon vor ihm. Doch Street trieb das ganze auf die Spitze: Er bemalte sich das Gesicht, deckte sich mit Glitter ein und ließ sich kleine Pferdeschwänzchen wachsen. Er sang Lieder wie “I'm in love with me” oder "There's something very strange about a Cowboy" ein. Seine Gegner nannte er Gwendolyn und verwirrte sie mit Küsschen, nur um sie dann mit einer kräftigen Abreibung zu überraschen.

Dass Adrian Street einmal sein Geld als wrestlende Drag Queen verdienen würde, war dabei nicht direkt abzusehen. Immerhin begann die berufliche Karriere des Engländers im männlichsten Gewerbe, dass man sich vorstellen kann: Im Bergbau. Street hatte jedoch bald genug davon, nur sonntags die Sonne zu sehen und sattelte aufs Wrestling um. Er debütierte im Juni 1957 als Kid Tarzan Jonathan – benannt nach seinem Idol Don Leo Jonathan - trat dann aber bald unter seinem richtigen Namen an.

„Ist sie nicht süß?“

Als bekennender Fan der US-amerikanischen Szene störte sich Street immer etwas daran, dass schillernde Gestalten wie etwa „Nature Boy“ Buddy Rogers dem britischen Wrestling abgingen. Deshalb entschloss er sich, selbst etwas Glamour in die Szene zu bringen: Er färbte sich die Haare wasserstoffblond und legte sich eine blau-silberne Robe zu, mit der er fortan zum Ring schritt. Doch das englische Arbeiterpublikum jubelte Street nicht zu, sondern hatte nur Pfiffe und verächtliche Kommentare á la „Ist sie nicht süß?“ für sein neues Outfit übrig.

Street konterte diese Schmähungen, indem er dann wirklich auf weibisch machte: Er warf den Zuschauern Handküsse zu und kniff den Ringrichter in den Hintern – was das Publikum natürlich noch mehr gegen ihn aufbrachte: „Es war nicht die Reaktion, die ich erwartete, aber ich habe noch nie gesehen, dass ein Wrestler so laute Reaktionen bekommt.“ Damit war „Exotic“ Adrian Street geboren.

Legendäre Fehde mit dem Macho Man

Lange Jahre blieb der Paradiesvogel dem europäischen Publikum vorbehalten, wo er sich unzählige Gürtel in allen möglichen Gewichtsklassen umschnallen durfte. Erst zu Beginn der Achtziger Jahre siedelte er nach Amerika über – damals war Street schon über 40. Nichtsdestotrotz blieb er auch den Fans der US-Szene und der NWA in bleibender Erinnerung. Besonders seine Fehde mit Randy Savage in Tennesse war legendär: Sie begann, als Randy versuchte, Streets Valet Miss Linda einen Piledriver zu verpassen – wofür Street blutige Rache nahm.

Als der Macho Man dann in die WWE ging, übernahm er Streets Gimmick bis zu einem gewissen Grad – vor allem Savages bunter Garderobe war der Einfluss seines Fehdengegners anzumerken. Seine extravaganten Outfits entwarf Street selbst. Er entpuppte sich als so talentierter Modeschneider, dass die Nebentätigkeit zum lukrativen Zubrot wurde. Seine Kreationen wurden von Showgrößen wie David Bowie, Gary Glitter, Adam Ant und Elton John getragen – also so ziemlich jedem seiner androgynen Pendants im Showgeschäft. Bis heute verdient Street sein Geld als Schöpfer von Wrestlingkleidung jeder Art.

Exotische Erben überall

Street lebt seit seinem Karriereende im sonnigen Florida. Er erkrankte vor einigen Jahren an Krebs, konnte die tückische Krankheit aber besiegen. Obwohl er und Miss Linda seit über 30 Jahren ein Paar sind und drei Kinder haben, heiratete er sie erst 2005. „Ich will keine Kommentare zum Thema gleichgeschlechtliche Ehe hören“, meinte er damals schmunzelnd.

Für Vince McMahon trat Adrian Street nie an. Die damalige WWF bot ihm einmal an ein Tag Team namens „British Skinheads zu managen – was er jedoch dankend ablehnte. Obwohl er nie Teil der WWE war, ist Streets Einfluss aufs Wrestlinggeschäft auch in der McMahon-Company überall spürbar. Der schillernde Rico etwa war de facto eine 1:1-Kopie von Adrian Street. Doch auch Adrian Adonis, Goldust, Lenny und Lodi, Billy & Chuck, Lazz, Kwee Wee sowie jüngst die Heart Throbs kupferten fleißig bei dem Paradiesvogel ab. Gegen den Strich zu agieren, ist und bleibt eben ein Erfolgsrezept

Happy Birthday, Adrian Street! Und greif weiter nach dem Regenbogen!
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