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Finlay: Irlands härtester Kampf-Opa

Personalie

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Published on:
27.01.2006, 00:00 
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Die mangelhafte Integration älterer Arbeitnehmer ist ein oft vorgetragener Vorwurf gegen die Wirtschaftswelt. Im Wrestlinggeschäft kann davon keine Rede sein. TNA richtet derzeit ihr ganzes Konzept auf den 46-jährigen Sting aus. Und in der WWE ist der derzeit jemand im Blickpunkt, der in Kürze seinen 48. Geburtstag feiert: Der irische Ringfuchs Finlay. Theoretisch könnte der wohl älteste Newcomer der WWE-Geschichte der Vater von vielen seiner WWE-Kollegen sein und dennoch steckt er vom Können her noch immer einen Großteil von ihnen in die Tasche.

Sein Gimmick als irischer Schlägertyp passt einerseits perfekt zu ihm, andererseits wird es ihm wiederum nicht ganz gerecht. Finlay ist nicht nur ein knallharter Brawler, sondern zählt auch in Sachen Technik zu der Elite seiner Branche – auch wenn sein sehr europäischer, mattenorientierter Stil nicht jedermanns Sache ist. Die jüngste WWE-Verpflichtung Chris The Bambikiller bezeichnet Finlay als „besten Wrestler, der je einen Ring betreten hat“.

16 Titelregentschaften in Europa

Das Wrestling ist Finlay buchstäblich in die Wiege gelegt worden. Sein Vater war ein Promoter in Irland, in dessen Liga er schon als 14-Jähriger ins Geviert stieg. In den Achtziger Jahren sammelte er in England elf wichtige Titel, ehe er Anfang der Neunziger aufs Festland übersiedelte, um in der damals größten Euro-Promotion anzutreten: Der CWA. Finlay wurde der CWA Tag-Team-, Intercontinental- und Mittelgewichtschampion und wurde eine tragende Säule der Catch-Liga. Er lieferte sich denkwürdige Fehden mit Haudegen wie Franz Schumann, Tony St. Clair und Steven Wright, dem Vater des deutschen WCW-Exports Alex Wright. Das „German Wunderkind“ soll Finlay bis heute nachtragen, dass das Karriere-Ende seines Vaters auf ein Match gegen Finlay zurückging.

Im Jahr 1996 heuerte Fit Finlay bei der WCW an, wo er eine Fehde gegen seinen europäischen Kollegen Steven Regal begann. Glücklich wurde im Turnerland jedoch nicht: Die WCW setzte den „Belfast Bruiser“ kaum sinnvoll ein und schrieb zeitweise sogar seinen Namen falsch. Finlay zog die Konsequenz und ging zurück nach Europa. In der alten Heimat entpuppte sich das verkorkste WCW-Intermezzo als Glücksfall: Finlay war nun auch dem Gelegenheitsfan bekannt und wurde zu einem noch größeren Zuschauermagneten.

Beinahe im Rollstuhl nach verunglücktem Table Bump

Als die WCW dann 1997 wieder auf ihn zukam, sagte Finlay nicht nein. Diesmal ließ er sich jedoch vorher zusichern, dass er auch einen Titel erringen darf. Tatsächlich durfte Finlay im Mai 1998 völlig überraschend den Television Title von Booker T erringen – Finlays Sieg war übrigens der Anlass für die erste Best-of-Seven-Serie zwischen Booker und Chris Benoit. Booker entschied sie beim Great American Bash für sich und konnte am selben Abend auch Finlay besiegen, um sich den Gürtel wieder umzuschnallen.

Seinen zweiten Frühling in der WCW erlebte Finlay, als die Promotion das Hardcore Wrestling in ihr Programm integrierte. Beim Bash at the Beach 1999 entschied er ein Junkyard Invitational Match gegen 13 Gegner für sich und holte sich damit die so genannte Hardcore Trophy. Viel Freude hatte er jedoch nicht daran, denn schon am nächsten Abend stahl ihm Jimmy Harts First Family die Trophäe.

Logischerweise begann Finlay eine Fehde gegen die First Family, die ihn beinahe die Karriere kostete. In einem Houseshow-Match gegen Harts Schützling Brian Knobbs nahm Finlay einen unheilvollen Table Bump, bei dem das Holz sein Bein aufschlitzte. Dabei wurde ein Knienerv Finlays so schwer verletzt, dass ihm die Ärzte nur eine 50-Prozent-Chance gaben, jemals wieder laufen zu können – kein halbes Jahr später stand Finlay wieder im Ring.

Aus Models werden Kämpferinnen

Nachdem Eric Bischoff und Vince Russo die Promotion im Jahr 2000 neu ausrichteten, trat Finlay als Aktiver mehr und mehr in den Hintergrund. Dafür übernahm er hinter den Kulissen Verantwortung. So wurde er etwa zuständig für die Finishsequenzen der Matches, die dank ihm deutlich logischer wurden. Kurz bevor die WCW ihre Pforten schloss, verließ Finlay die Promotions und kehrte kurzzeitig nach Großbritannien zurück.

Als die WCW dann von der WWE aufgekauft wurde, verpflichtete die McMahon-Company ihn als Road Agent. Aktiv konnte Finlay nicht mehr werden – zu sehr schmerzten die Nachwirkungen der Nervenverletzung. Sein Hauptaufgabenfeld war stattdessen das Training der Frauendivision. Finlay hatte also die oft undankbare Aufgabe, aus Models ohne irgendeine Ahnung vom Wrestling halbwegs ernst zu nehmende Kämpferinnen zu machen. Dass dies kein Ding der Unmöglichkeit ist, bewies vor allem seine Meisterschülerin Trish Stratus.

Auf Dauer schien Finlay das „Rentnerdasein“ jedoch nicht auszufüllen. Schon seit über einem Jahr arbeitete er daraufhin, die Stiefel wieder zu schnüren, ehe er nun bei SmackDown! sein Comeback feierte. Manch einer, der es nicht besser weiß, wird sagen, dass der Oldtimer Finlay ein Has-Been sei – nicht in sein Gesicht.