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King Booker: Der späte Triumph des Vollblut-Entertainers

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Published on:
24.07.2006, 00:00 
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Zwei Jahre ist es her, dass diverse Newsseiten meldeten, dass Booker T kurz vor seinem Karriere-Ende steht. Das Gerücht erschein plausibel: Bookers Rücken zwickte permanent, mit seiner Hip-Hop-Boutique hatte er eine Geldquelle außerhalb des Wrestlings erschlossen und sein damaliger Status in der WWE stellte weder ihn noch seine Fans zufrieden. Zur Überraschung aller unterschrieb Booker dann aber doch einen neuen Vertrag bei der McMahon-Company. Vielleicht wollte Booker einfach nicht als der fünffache WCW Champion in die Annalen eingehen, der nie den höchsten Titel der WWE gewann. Diesen Makel hat Booker mit seinem Sieg gegen Rey Mysterio nun getilgt.

King Booker hat sich den Titel redlich verdient, nachdem in den vergangenen Monate das unterhaltsamste war, was das gebeutelte SmackDown!-Roster zu bieten hatte. kein Wunder: Ein Faible für das Unterhaltende hatte Booker schon immer. An der High School engagierte er sich als Tänzer, als Tambourmajor und auch am Theater. Ansonsten war seine Jugend jedoch keine Komödie.

Wrestling als Ausweg aus der kriminellen Karriere

Booker wuchs mit sieben Geschwistern als Sohn einer allein erziehenden Mutter auf, die starb, als er im Grundschulalter war. Er geriet auf die schiefe Bahn und war an mehreren Überfällen auf Fast-Food-Restaurants beteiligt – unter anderem in einer Wendy’s-Filiale, in der er selbst arbeitete. Booker wurde 1987 verhaftet und zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Er kam jedoch nach 19 Monaten vorzeitig auf freien Fuß.

Nach seiner Entlassung schlug er sich als Lagerarbeiter durch, ehe die WWF-Legende Ivan Putski in seiner Nähe eine Wrestlingschule eröffnete und Bookers Leben dadurch eine neue Wendung gab. Booker lieh sich 3000 Dollar von seinem Chef und ließ sich zusammen mit seinem älteren Bruder Lane – besser bekannt als Stevie Ray – in die Grundlagen des Wrestling einarbeiten. Bald darauf kamen die beiden als „Ebony Experience“ in der GWF-Promotion von Skandor Akbar und dem früh verstorbenen Eddie Gilbert unter.

Bei einer Show saß der damalige WCW-Star Sid Vicious im Publikum und war so beeindruckt von dem Team, dass er ihnen einen Job bei der Turner-Promotion verschaffte. Eigentlich sollten die beiden als „Ghetto Blasters“ debütieren und ein Sklaven-Gimmick erhalten, was aber aufgrund der rassistischen Untertöne dann doch verworfen wurde. Stattdessen wurde aus den beiden „Harlem Heat“, eines der dominantesten Teams der Neunziger Jahre.

Titelregentschaften mit Schönheitsfehlern

Siebenmal gewann das Brüderpaar die Tag Team Titel der WCW, ehe eine Knöchelverletzung Stevies Booker 1996 die Gelegenheit gab, sich als Einzelwrestler hervorzutun. Booker gewann mehrfach den Television Title, der in der WCW allerdings nur den dritthöchsten Stellenwert unter den Einzeltiteln genoss. Den wirklichen Durchbruch als Singles Wrestler feierte er erst, als er 1998 eine beeindruckende Best-of-Seven-Serie gegen Chris Benoit bestritt.

Nichtsdestotrotz blieb Booker weiter im Schatten der „alten Garde“, die damals die Main Events der WCW beherrschte. Erst beim Bash at the Beach 2000 wurde Booker quasi über Nacht an die Spitze der Liga katapultiert. Eigentlich sollte der amtierende WCW Champion Jeff Jarrett seinen Titel dort gegen Hulk Hogan verteidigen – dieser weigerte sich jedoch, sich für Jarrett hinzulegen. Infolgedessen kam es zu der berüchtigten öffentlichen Kündigung Hogans, bei der bis heute ungeklärt ist, ob sie ein Shoot oder ein „Worked Shoot“ war. Booker T trat anstelle Hogans an und triumphierte.

Booker konnte sich den Gürtel in der WCW insgesamt noch viermal sichern: Doch er musste stets mit dem Schönheitsfehler leben, dass der Gürtel damals von Booker Vince Russo zu einem nahezu wertlosen Wanderpokal degradiert wurde – an den auch Nicht-Wrestler wie Schauspieler David Arquette und Russo selbst mal Hand anlegen durften. Außerdem mutmaßten einige – inklusive ihm selbst – dass Bookers Push ein Feigenblatt für die WCW war. Die Company bekam damals schlechte Presse, als der japanische Manager Sonny Onoo und mehrere afroamerikanische Wrestler eine Klage einreichten, in der sie der Liga systematische Diskriminierung von Minderheiten vorwarfen.

Finaler Push blieb lange aus

Bookers vierter Titelgewinn ereignete sich beim finalen Monday Nitro, nachdem die moribunde WCW von Vince McMahon aufgekauft wurde. Anders als die meisten seiner prominenten Kollegen kündigte Booker seinen lukrativen Vertrag beim Turner-Konzern Time Warner, um direkt bei der WWE anheuern zu können. Sein erstes Match war zwar einzige Katastrophe, was jedoch nicht an ihm, sondern seinem Gegner Buff Bagwell lag. Während Bagwell nur eine Woche später gefeuert wurde, schaffte es Booker als einziger WCW-Star – außer dem später verpflichteten Rey Mysterio – sich dauerhaft in den höheren Regionen der WWE zu etablieren.

Obwohl seine Karriere im Titanland auf dem Papier weniger erfolgreich aussieht wie seine Zeit in der WCW: Erst in der WWE erlangte er bei den Fans die Popularität, die er in Atlanta nie hatte. Er bekam eine Catchphrase („Tell me you didn’t just say that!”), sein Entertainment-Talent wurde gebührender in Szene gesetzt und er bekam eine Fehde gegen das WWE-Aushängeschild Stone Cold Steve Austin, die ihn endgültig im erweiterten Main Event etablierte. „Vor dem Programm mit Steve konnte ich noch unerkannt in Houston herumlaufen“, erklärte Booker in einem Interview: „Nun komme ich kaum aus meinem Haus heraus.“

Trotzdem: Auf den finalen Push nach oben wartete Booker vergeblich. Bei Wrestlemania 19 verlor er zum Unverständnis zahlloser Fans sein World Title Match gegen einen formschwachen Triple H. Als er dann ein Jahr später als Heel ins personell arg angeschlagene SmackDown!-Roster kam, bekam ebenfalls nicht er, sondern John Bradshaw Layfield den WWE Title. Bei den Survivor Series 2004 erwartete dann fast jeder, dass er Bradshaw entthronen würde – wieder wurde nichts daraus. Die Frage, warum er den Titel nie bekam, ist Stoff für viele spannende Diskussionsrunden. Manche meinen, dass Vince McMahon Booker einfach noch als WCWler betrachtet und ihm daher das letzte Vertrauen verweigert. Andere finden, dass Booker als Gesamtpaket letztlich eben doch nur überdurchschnittlich und kein Main Event Material sei.

Als schon niemand mehr damit rechnete, erlebte Booker im Herbst seiner Karriere seinen zweiten Frühling. Sein abgenutzter Charakter gewann durch einen Heelturn und seine Frau Sharmell wieder an Farbe. Egal ob es gegen Chris Benoit, den Boogeyman oder zuletzt Bobby Lashley ging: In seiner nicht allzu ernst angelegten Bösewicht-Rolle war Booker eins der konstanten Highlights des an Höhepunkten zuletzt so armen Freitagsshow. Hierfür bekam er nun den verdienten Lohn – besser spät als nie, wie es so schön heißt.
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