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Chavo Guerrero: Kontroverse als Karriere-Chance

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Published on:
03.08.2006, 00:00 
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Einen berühmten Namen zu tragen, ist für die Karriere Fluch und Segen zugleich. Einerseits öffnet er vielerorts Türen, die sonst verschlossen bleiben. Andererseits wird er zur Belastung, wenn man nicht an denjenigen heranreicht, der den Namen berühmt gemacht hat. Das Wrestlinggeschäft ist voll von solchen Stefan Beckenbauers: David Flair, Dustin Rhodes, David Sammartino, Erik Watts, Brian Lawler sind nur die Berühmtesten. Chavo Guerrero gehört für viele ebenfalls in diese Kategorie – auch wenn es bei ihm weniger der Vater, sondern eher der Onkel ist, der ihn überstrahlt.

Obwohl Chavo ein ebenso versierter wie charismatischer Wrestler ist: Letztlich war Eddie ihm doch in allen Belangen überlegen. Folglich konnte er nie richtig aus dem langen Schatten von Eddie Guerrero heraustreten – weder vor noch nach dessen Tod. Und auch jetzt, wo Chavo durch seinen Turn gegen Rey Mysterio die vielleicht wichtigste Fehde seiner Laufbahn bevorsteht, schwebt Eddies Name noch immer über allem.

Fanmagneten schon im Kindesalter

Technisch gesehen war Eddie Chavos Onkel, doch gefühlt haben sich die beiden wie Brüder – schon allein deshalb, weil Eddie als jüngster Sohn der mexikanischen Legende Gory Guerrero nur drei Jahre älter war als Chavo. Das Leben der beiden war innerhalb wie außerhalb des Rings stets eng miteinander verwoben. Ihr erstes „Match“ hatten die beiden, als Chavo vier Jahre alt war. Die beiden beharkten sich während der Unterbrechung einer Show von Großvater Gory. Die beiden mussten damit aufhören, weil ein Großteil der Fans den beiden zuschaute, statt sich Getränke zu kaufen.

Richtig aktiv wurde Chavo allerdings erst zwei Jahrzehnte später, im Jahr 1994. Zwei Jahre lang tourte er durch die amerikanischen und mexikanischen Indys und machte dabei auch einen Abstecher zu New Japan, wo er 1996 am Super Junior Tournament teilnahm. Im selben Jahr unterzeichnete er bei der WCW und wurde ein Teil der Cruiserweight-Szene. Erhöhte Aufmerksamkeit bekam er allerdings erst, als sich seine Wege mit Onkel Eddie kreuzten.

Eddie störte sich an Chavos Erfolglosigkeit und versuchte einen echten Guerrero aus ihm zu machen, indem er ihm auf wenig freundliche Weise das Tricksen und Betrügen beibringen wollte. Eddies Behandlung bewirkte stattdessen einen psychischen Knacks bei Chavo. Nachdem er ein Hair vs. Hair Match gegen Eddie verlor, rasierte er sich selbst den Kopf und begann mit einem Holzpferd namens Pepe zu reden – Al Snow und Head ließen grüßen. Mit Pepe nahm es jedoch kein gutes Ende. Chavos nächster Fehdengegner Norman Smiley zerkleinerte ihn in einer Häckselmaschine.

“We lie, we cheat, we steal!“

Obwohl Chavo im Ring konstant gute Leistungen zeigte, blieb er statustechnisch in der dritten Reihe der WCW. Erst als Vince Russo an die Macht kam, bekam er wieder nennenswerte Präsenz. Zunächst verpasste er Chavo ein nicht weiter nennenswertes Gimmick als Vertreter, dann steckte ihr als „Lt. Loco“ in das militärische Comedy-Stable „Misfits In Action“. Gegen Ende der WCW verließ Chavo dann die Gruppierung und stieg zum Top-Cruiserweight auf. Seine Fehde mit Gregory (damals noch Shane) Helms war so etwas wie das letzte Hurra der Szene, ehe die Liga an die WWF verkauft wurde.

Chavos Vertrag von der WWF übernommen und er nahm an der fehlgeschlagenen WCW-Invasion teil. Als die Alliance bei den Survivor Series 2001 zerschlagen wurde, war Chavo laut Storyline seinen Job los und war danach tatsächlich viele Monate lang nicht mehr im TV zu sehen. Stattdessen wurde er einer der Trainer für die zweite Staffel der Reality-Show Tough Enough.

Sein aktives Comeback feierte er dann im Sommer 2002 – erneut an der Seite Eddies. Diesmal agierten die beiden als vollwertiges Tag Team, bei dem das „Lying, Cheating, Stealing“ zum Konzept gehörte. Ursprünglich als Heels unterwegs, wurden die beiden Trickser den Fans so sympathisch, dass sie bald geturnt werden mussten. Die Guerreros entwickelten sich zum populärsten Tag Team ihrer Zeit, das nur ein Problem hatte: Die WWE hatte mit Eddie Größeres vor als mit Chavo.

Folglich wurden die beiden Anfang 2004 durch einen Heel-Turn Chavos getrennt. Die anschließende Fehde der beiden wurde bewusst kurz gehalten, um Eddie auf dessen Weg nach ganz oben nicht zu lange aufzuhalten. Für Chavo ging es derweil zurück zu den Cruiserweights. Er entthronte den damals amtierenden Champion Rey Mysterio, doch seine Regentschaft verkam bald darauf zu Comedy-Posse als ihm zuerst Jacqueline und später auch noch sein betagter Vater Chavo Classic den Gürtel abnahmen.

Zweifelhafte Ehrerweisungen

Nach weiteren Cruiserweight-Fehden gegen Billy Kidman und Paul London wurde Chavo dann im Sommer 2005 zu RAW gedraftet, wo er sich einem radikalen Gimmickwandel unterzog. Er verleugnete seine mexikanischen Wurzeln und wurde zu Kerwin White, einem Golf spielenden Vorzeige-Mittelklässler – ein Gimmick, dass nach dem 13. November 2005 nicht mehr zu halten war – an diesem Tag fand Chavo den leblosen Körper seines Onkels Eddie in dessen Hotelzimmer in Minneapolis.

Bei der Tributshow für seinen Onkel traf Chavo auf Eddies alten Erzrivalen John Bradshaw Layfield und besiegt ihn mit Eddies typischem Cheating und anschließendem Frog Splash – nicht ohne vorher den Blick gen Himmel gerichtet zu haben. Eine schöne Tributgeste, doch das was in den Wochen und Monaten darauf folgte, war nach dem Geschmack der meisten weniger schön. Immer wieder nutzt die WWE Eddies Andenken als Vehikel für ihre Storylines – etwa indem sie Randy Orton den Undertaker mit Eddies Low Rider attackieren ließen und ihn später sagen ließen, dass Eddie in der Hölle schmore, um Rey Mysterio zu provozieren.

Während Chavo die erste Aktion noch öffentlich verteidigte, war ihm der Orton-Mysterio-Angle dann aber auch zu heftig. Hinter den Kulissen setzte er sich mit diversen anderen Kollegen erfolgreich für eine Entschärfung der Fehde ein. Doch nicht die vordergründige Ausschlachtung von Eddies Namen stößt auf Kritik: Bei vielen Internet-Fans hält sich der Glaube, dass Rey Mysterios den Gewinn des World Titles einzig Eddies Tod zu verdanken hatte – und genau dieser Gedanke wird vom Heel-Chavo nun aufgegriffen.

Egal wie man zu der kontroversen Storyline stehen mag: Man kann ihr nicht absprechen, dass sie logisch durchdacht ist. Chavos Heel-Charakter hat nun genau das, was einen guten Bösewicht ausmacht: Eine für jedermann nachvollziehbare Motivation für das, was er tut. Noch nie war Chavo eine bessere Gelegenheit, um zu beweisen, dass er die vergangenen zehn Jahre über unter Wert verkauft wurde. Dennoch wäre es Chavo wohl eindeutig lieber gewesen, wenn er diese Aufmerksamkeit unter anderen Umständen bekommen würde.
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