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The Undertaker: Toter Mann vor dem letzten Hurra?

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Published on:
06.02.2007, 00:00 
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Fast anderthalb Jahrzehnte steht der Undertaker nun mittlerweile an der Spitze von World Wrestling Entertainment. Was dabei viele verwundert: Verhältnismäßig kurz führte er die Liga dabei als Champion an: „Nur“ vier Titelregentschaften sammelte er im Lauf der Jahre an, nur eine davon währte länger als 100 Tage. Gegen ihn spricht das nicht: Einer wie er braucht den Titel nicht, um als Spitzenmann anerkannt zu werden. Nun aber greift er nach seinem ersten Royal-Rumble-Sieg noch einmal nach dem Gold – bei Wrestlemania, der Stätte seiner legendären 14:0-Siegesserie. Es wird vielleicht das letzte Hurra der großen Karriere, auch wenn man mit der Prognose immer vorsichtig sein muss.

Wer nur den Aufstieg des Takers in seiner WWE-Zeit mitbekommen hat, wird schwer glauben können, wie schwer diese Karriere anfangs in die Gänge kam. Obwohl schon früh zu erkennen war, dass der Taker für seine Größe ungewöhnlich agil war, wurde er lange Zeit verkannt. Im Indy-Bereich hatte er Ende der Achtziger so große Probleme, ausreichend Bookings zu bekommen, dass es ihn zeitweise nach Südafrika verschlug, wo er als „The Commando“ einen militaristischen Charakter spielte. Auch in der WCW, wo er 1990 Sid Vicious bei dem Skyscrapers-Tag-Team ersetzte, erkannten die Verantwortlichen sein Potenzial nicht.

Wie aus einem alten Western

Nach dem Ende der Skyscrapers durfte er zwar den US Champion Lex Luger herausfordern, kurz darauf aber wurde er vor die Tür gesetzt. Sein damaliger Manager Paul Heyman setzte sich zwar dafür ein ihn zu halten und ihm eine Art Killer-Gimmick zu verpassen, aber Ole Anderson befand, dass dieser rothaarige Typ nie einen Cent einbringen würde. Wie schief Anderson gewickelt war, zeigte sich, als der Taker von der WWF unter Vertrag genommen wurde. Zunächst nannte man ihn „Kane The Undertaker“, der Vorname fiel aber schnell weg – später wurde am Rande der Kane-Storyline behauptet, dass er sich im Gedenken an seinen scheinbar verstorbenen Bruder denselben Namen gegeben hatte.

Die McMahon-Company modellierte seinen Charakter nach dem klischeehaften Totengräber aus alten Westernfilmern: Blass geschminkt, mit grauen Handschuhen und ausdrucksloser Miene. Was ihn noch bedrohlicher machte: Er schien über magische Kräfte zu verfügen, die ihn nahezu unverwundbar machten. Selbst härteste Schläge perlten an ihm ab wie Wasser von einer Teflonbeschichtung. Er bekam zunächst den Schmierenprediger Brother Love, dann den ehemaligen Bestattungsunternehmer William Moody alias Paul Bearer zur Seite gestellt und fertig war der finstere Superbösewicht, der bald darauf an Hulk Hogan verfüttert werden sollte – so war zumindest der ursprüngliche Plan.

Nach einem schnellen Push Richtung Main Event, der unter anderem eine Fehde mit dem Ultimate Warrior beinhaltete, kam es dann bei den Survivor Series 1991 zum Duell mit dem Hulkster. Der Taker konnte Hogan tatsächlich mit einem Tombstone auf einen Stuhl entthronen, kurz darauf jedoch holte sich der Unsterbliche den Titel unter ebenso kontroversen Umständen zurück.

Einzigartige Langlebigkeit

Für gewöhnlich war die Karriere eines WWF-Monster-Heels quasi beendet, die des Takers sollte jedoch erst so richtig losgehen. Weil das Publikum den Deadman immer öfter bejubelte reagierte die WWF und machte ihn durch eine Auseinandersetzung mit Jake „The Snake“ Roberts zum Publikumsliebling - der Beginn einer nahezu beispiellosen Erfolgsgeschichte: Der Taker gewann Fehde auf Fehde, verkaufte Fanartikel en masse und entwickelte sich mit den Jahren zu einer unumstrittenen Legende seiner Liga.

Ein Grund für die Langlebigkeit des Undertaker-Gimmicks war, dass es in ein seiner Entwicklung nie stehen blieb: Das anfangs geisterhafte Wesen gewann durch die Fehden gegen Mankind, Paul Bearer und Kane mehr und mehr Charaktertiefe und menschlichere Züge, ehe er sich dann zu Ministry-Zeiten eine 180-Grad-Wandlung zu einem Schauder erregenden Dämonen unternahm. In dieser Rolle bestritt er das meistgesehene Wrestlingmatch, das je im US-Kabelfernsehen lief: 10,7 Millionen Menschen saßen am 28. Juni 1999 vor der Kiste, um sein Titelmatch gegen Steve Austin zu verfolgen. Ein Jahr darauf erfand er sich noch einmal komplett neu und wurde zu einem Biker – und sträubte sich heftig dagegen, wieder in das kommerziell erfolgreichere Totengräber-Kostüm zu schlüpfen. „Ich bin nicht daran interessiert, Rückschritte zu machen“, erklärte er noch kurz vorher in einem Interview.

Mystische Aura wird streng behütet

Mit der Rückkehr zum Deadman-Charakter besann sich die WWE auf das ursprüngliche Erfolgsrezept des Takers: Die mystische Aura des Totengräbers, die von ihm und der Liga seitdem auch wieder streng behütet wird. Der Taker gibt keinerlei Interviews „out of character“, selbst in den Tributsendungen für Owen Hart und Eddie Guerrero gab er keinen persönlichen Kommentar ab.

Entsprechend wenig ist über den Privatmann Mark Callaway bekannt. Klar ist aber, dass der Biker-Charakter den wahren Taker wieder spiegelte. Er ist ein Ex-Türsteher, hört Hardrock, sammelt Motorräder und ist ein Fan von Basketball – einen Sport, den er vor seiner Karriere selbst auf recht hohem Niveau betrieb – und Mixed Martial Arts. Elemente aus letzterem findet man auch verstärkt in seinem Kampfstil wieder, seit sein Körper Verschleißerscheinungen zeigt. Auf seinen Seiltanz, ein Kunststück, das ihm sein Trainer, der kürzlich verstorbene „Spoiler“ Don Jardine beibrachte, verzichtet er dennoch bis heute nicht.

Für einen Mann seines Alters und seiner Größe ist der Taker aber immer noch erstaunlich behände. Dass der Taker noch immer auf hohem Niveau mithalten kann liegt auch daran, dass er aufgrund seiner Verdienste mittlerweile einen leichteren Tourplan gewährt bekommen hat, durch den er Verletzungen besser auskurieren kann. Davor hatte er sich nie geschont, wenn nicht unbedingt nötig: Sein Hell In A Cell Match gegen Mankind bestritt er mit einem gebrochenen Fuß – ein weiterer Grund, warum der Respekt den Kollegen dem Taker entgegen bringen so riesig ist.

Karriere-Ende mit Traumszenario?

Freilich war in der langjährigen Laufbahn des Takers nicht alles toll: Das Dilemma, dass ein unbesiegbarer Publikumsliebling ständig mit frischen und glaubwürdigen Gegnern beschäftigt werden muss, führte oft dazu, dass der Taker viele belanglose Fehden gegen imposante, aber talentfreie Opponenten wie Giant Gonzales, Mabel oder den Great Khali bestreiten musste. Außerdem wird der Taker oft kritisiert, dass seinen Status zu selten nutzt, um aufstrebende Stars over zu bringen. Schlimmer noch: Manche Gegner, die er unwürdig befand, machte er im Ring richtig gehend lächerlich – wie etwa Diamond Dallas Page oder den jungen John Cena 2003.

Oft wurde dem Taker auch vorgehalten, dass seine Matches nachlassen. Diesen Punkt hat er – mit dem richtigen Gegner – aber noch immer widerlegen können, zuletzt mit dem Wahnsinnskampf gegen Kurt Angle bei No Way Out 2006. Ebenso erwiesen sich seit seiner letzten großen Verletzungspause 2000 immer wieder kehrende Gerüchte über sein baldiges Karriere-Ende stets als haltlos. Natürlich kursieren sie auch jetzt wieder: Die alternde Ikone verabschiedet sich mit einer letzten Titelregentschaft von der großen Bühne – ein traumhaftes Szenario. Ob es eintreffen wird, ist aber genauso unvorhersehbar wie so vieles am Undertaker. Aber genau das hat ihn ja auch immer spannend gemacht.