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William Regal: Flaggenträger des britischen Wrestlings und Humors

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Published on:
09.08.2007, 00:00 
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Als WWE-Zuschauer hat man sich mittlerweile daran gewöhnt, dass Vince McMahon eher grobschlächtige Vorstellungen zum Thema Humor hat: Leicht bekleidete Rentnerinnen, die sexuelle Anspielungen machen, korpulente Stripper im Tanga, Cartoons über ein sprechendes Hinterteil – das sind die Dinge, über die der WWE-Chef lachen kann. Wie gut, dass es in seiner Liga auch jemanden gibt, der ein wohltuendes Gegenprogramm zum Brachialwitz a la McMahon ist: Staubtrockene Sprüche, triefender Sarkasmus und ein grandioses Mienenspiel: Das sind die Qualitäten des britischen Humors, mit denen der neue RAW-GM William Regal jedes noch so peinliche Segment veredeln kann: Sei es der Kuss von Vince McMahons Allerwertesten oder eine wrestlingfernen Veranstaltung wie die WWE-Version von „Herzblatt“ am Montag. „Ich könnte William Regal beim Einkaufen zusehen und würde mich unterhalten fühlen“, schrieb ein Leser des PW Torch als Reaktion darauf.

Wäre Regal kein Wrestler geworden, er hätte auch Komiker werden können, wie sein großes Vorbild, der Brit-Comedian Tommy Cooper. Was schade wäre, denn schließlich ist Regal auch wrestlerisch eine Klasse für sich. Seit fast einem Vierteljahrhundert steht der Ringfuchs mittlerweile zwischen den Seilen, alles begann 1983 auf einem Jahrmarkt in seiner Heimatstadt, dem Badeort Blackpool. Dort veranstaltete eine Gruppe von Wrestlern Preiskämpfe, in denen man Geld gewinnen konnte, wenn man drei Runden mit einem der Profis überstand. Der 15-jährige Darren Matthews – so heißt Regal im wirklichen Leben – beantwortete eine dieser Herausforderung und fand Gefallen am Wrestling.

Weggefährte Triple H

Matthews ging bei dem Ringveteran Marty Jones in die Lehre und etablierte sich in der britischen Szene. Er hatte sich allerdings einen ungünstigen Zeitpunkt ausgewählt, um aktiv zu werden. Das Wrestling auf der Insel war im Niedergang begriffen, seit im Jahr 1985 die Show „World Of Sport“ eingestellt wurde, die dem Wrestling zwei Jahrzehnte lang nationale TV-Präsenz verschafft hatte. Steven Regal – wie er sich inzwischen nannte – musste die Welt bereisen, um vom Wrestling leben zu können. Nötig hätte er es nicht gehabt: Regal war Sohn eines wohlhabenden Bauunternehmers, der dessen Geschäfte hätte weiterführen können, wenn er es gewollt hätte. Stattdessen tourte er durch 24 Länder – Deutschland inklusive – um mit dem Sport, den er liebte, seine Brötchen zu verdienen.

Im Jahr 1991 schließlich durfte er erstmals in die WWF hinein schnuppern, als er ein Tryout bei einer England-Tour bestritt. Er hinterließ einen guten Eindruck, dennoch sah man von einer Verpflichtung ab. Die WCW dagegen, bei der er einige Monate später vorturnte, verpflichtete Regal mit einiger Verzögerung. Regal debütierte 1993 als Babyface in der Turner-Liga, ohne jedoch irgendwelche Reaktionen zu ziehen. Also griff man in die Stereotypenkiste und machte aus dem Briten Lord Steven Regal, einen adeligen, anti-amerikanischen Snob, der Charakter, mit dem er seine Nische fand.

Regal schaffte es zwar nie in höhere Regionen, wurde aber dank seines Könnens und den konstanten Heel-Reaktionen, die er mit seinem Gimmick zog, zu einem jahrelangem Stützpfeiler der Midcard. Regal war Abonnements-Träger des Television Titles und tat sich auch immer mal wieder als Tag Team Wrestler hervor. Zu seinen Partnern zählte der mit einem ähnlichen Charakter ausgestattete Youngster Jean-Paul Levesque, der die Liga aber schnell Richtung WWF verließ, wo er als Triple H zum Superstar wurde. Bis heute zählt Regal zu den engsten Vertrauten Hunters. Regal machte in der WCW dann Midnight-Express-Legende Bobby Eaton zu seinem Partner – nicht ehe er den Südstaatler zum blasierten Earl Robert Eaton umerzog. Später stieß auch noch Regals langjähriger Weggefährte Dave Taylor zu den „Blue Bloods“.

Kampf mit schweren Drogenproblemen

Regals Zeit in der WCW endete 1998, kurz nach einem kontroversen Vorfall in einem Match gegen Bill Goldberg. Der aufstrebende Superstar war gerade inmitten seiner berühmten Siegesserie und sollte Regal in kurzer Zeit auseinander nehmen. Stattdessen aber verstrickte Regal seinen unerfahrenen Gegner in ein Wrestlingmatch und führte so dessen Beschränkungen auf der Matte vor. Es heißt, dass Regal aufgrund dieses Shoots gefeuert wurde, wahrscheinlicher aber ist, dass ein anderer Grund Ausschlag gebend war: Regals Drogenprobleme, die er in seiner Biografie „Walking the Golden Mile“ sehr offenherzig thematisierte.

Regal wurde 1995 abhängig von Schmerzmitteln, als er eine Verletzung mit Pillen kurierte, um keine Pause einlegen zu müssen. Von da an geriet Regal Schritt für Schritt immer tiefer in den Sumpf: Alkohol, Schlafmittel, Speed, die „Vergewaltigungsdroge“ GHB – Regal warf sich alles ein, was er auftreiben konnte. Unter dieser Voraussetzung war auch sein Wechsel in die WWF zum Scheitern verdammt. Regal bekam dort ein neues Gimmick als kerniger „Man’s Man“ mit Bauhelm und Flanellhemd, das aber floppte. Anfang 1999 schickte die WWF Regal dann auf Drogenentzug und trennt sich von ihm, nachdem die Therapie erfolglos blieb.

Regal kehrte in die WCW zurück, wurde aber von Chefbooker Vince Russo nicht beachtet und hatte nur einen regelmäßigen Platz bei der B-Show Saturday Night, die Russo nicht schrieb. Regal wurde in ein informelles Stable mit Taylor und Fit Finlay gesteckt, das aber nie eine große Rolle in der Liga spielte. Regal verließ die WCW im Jahr darauf und heuerte wieder bei der WWF an, mit der es trotz der vorherigen Entlassung nie böses Blut gab. Er bereitete sich in der damaligen Farmliga in Memphis auf sein Comeback vor, wurde aber wieder von Verletzungen und Drogenproblemen zurückgeworfen. Er schaffte aber schließlich in beiderlei Hinsicht eine erfolgreiche Reha - mit Hilfe seiner Ehefrau Chris, mit der er drei Kinder hat und die ihm in seiner schwersten Krise immer treu blieb. Schließlich wurde Regal wieder ins Hauptroster berufen, als er mit einem Top-Match gegen Chris Benoit auf einer Gedenkshow für Brian Pillman zeigte, dass er trotz aller Probleme nichts im Ring verlernt hatte.

Comeback nach weiterem Schicksalsschlag

Regal bekam den Vornamen William verpasst und ein Gimmick als „Goodwill Ambassador“, das wieder näher an seinem Lord-Charakter war. Und er schaffte es wieder an seine Glanzzeiten in der WCW anzuknüpfen. Er schaffte es zwar nie in World-Title-Nähe, sicherte sich aber jeden anderen wichtigen Titel mindestens einmal. Das Highlight seiner Laufbahn bleibt aber seine Zeit als WWF-Commissioner 2001 mit Assistent Tajiri, in der sein Unterhaltungstalent am besten zur Geltung kam – und in der er eine groß angelegte Rolle in der WCW-Invasions-Story spielte, in deren Verlauf er gegen die WWF turnte und zum Alliance-Commissioner wurde. Als die WWF die Fehde dann doch gewann, wurde Regal gezwungen, zum ersten Mitglied des Kiss-My-Ass-Clubs zu werden, um seinen Job zu behalten.

Im Jahr 2003 musste Regal dann aber einen weiteren gesundheitlichen Rückschlag verkraften: Er begann unkontrolliert an Gewicht zuzunehmen und bekam ein Unwohlsein, das er durch nichts, was er tat, loszuwerden vermochte. Die erschütternde Diagnose: Regals Körper hatte sich mit Wasser gefüllt, weil sein Herz nur noch zu 15 Prozent funktionierte. Die Ärzte mussten es mit einer Elektroschocktherapie anhalten und neu starten, um ihn vor dem Tod zu bewahren. Gegen den Rat der Doktoren entschied er sich gegen eine Transplantation – die seine Karriere beendet hätte. Stattdessen recherchierte er im Internet, wie er durch Sport, bessere Ernährung und Atemübungen sein wichtigstes Organ wieder flott bekommen konnte – und hatte damit Erfolg. Regal wurde fitter als je zuvor und konnte nach über einjähriger Pause auch wieder in den Ring.

Regals sprang in seinem Leben also schon mehrmals dem Tod von der Schippe, dennoch hat er sich seinen Humor bewahrt. Er erklärte im vergangenen Jahr in einem Interview, dass er glücklich wäre, wenn er einen ähnlichen Abgang hinlegen würde wie sein Vorbild Cooper. Dieser starb während einer Live-Show an einem Herzinfarkt – und die Zuschauer lachten, weil sie dachten, es wäre Teil der Nummer. Ein Glück, dass Regal seine Fans in seiner neuen, alten Rolle auf anderem Wege zum Lachen bringt.