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The Miz: MTV-Beau mit ungeahntem Arbeitsethos

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Published on:
15.04.2009, 22:07 
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Dass das populärste Tag Team der WWE getrennt würde, hatten die meisten schon geahnt. Wie die Trennung von John Morrison und The Miz beim Draft vollzogen wurde, mag dann aber doch viele überrascht haben. Nicht der so viel gepriesene John Morrison, sondern The Miz wurde zu RAW, in die A-Show der Liga gehievt - und durfte seinen Statusgewinn mit einer Attacke auf seinen Partner und anschließendem Posing dann auch noch untermauern. Eine Entwicklung, die auf den ersten Blick verblüfft, auf den zweiten dann aber doch eine Logik hat. Denn auch wenn man heiß debattieren kann, ob jetzt Miz oder Morrison eher zum Superstar taugt, eines ist unbestreitbar: Den größeren Sprung hat in den vergangenen anderthalb Jahren eindeutig Miz hingelegt.

Dieser Sprung ist vor allem deshalb so verblüffend, wenn man bedenkt, wo Miz' Ausgangspunkt in der Gunst der Fans war - bedenklich nahe am Nullpunkt. Miz verkörperte zu Beginn seiner Karriere für viele etwas, was in der Einstellungs- und Talentförderungspolitik der WWE grundfalsch läuft - wozu man mit seinem Hintergrund vertraut sein muss. Der in Ohio geborene Mike Mizanin ist nicht im Wrestling zu Prominenz gekommen, sondern als Reality-TV-Persönlichkeit. Mizanin brach im Jahr 2001 sein Wirtschaftsstudium ab, um bei "Real World" auf MTV teilzunehmen - eine Art Hochglanzvariante von Big Brother, bei der der Sender eine Ansammlung gegensätzlicher Charaktere zusammencastet, um dann zu filmen, wie sie sich unter einem Dach vertragen.

Mizanin besetzte in diesem Stereotypen-Mix die Rolle auch in jeder College-Komödie anzutreffende Rolle des gutaussehenden und sportlichen Verbindungsbruders - Mizanin war auf der Uni auch Mitglied der Theta-Chi-Bruderschaft. Bei "Real World" entwickelte Mizanin auch den Charakter "The Miz", eine Art Zweitpersönlichkeit, in der er - Slim Shady ließ grüßen - eher unangenehme Seiten auslebte. Der großmäulige Schreihals Miz diente Mizanin als Selbstschutz, als Rolle hinter der sein wahres Ich unter der Dauerbeobachtung der Kameras mal Pause machen konnte. Dass diese Rolle auch prima ins Wrestlinggeschäft passen würde, merkte Mizanin dann auch.

Unter besonderer Beobachtung

Wrestlingstar zu werden war ein Kindheitswunsch Mizanins - und der Bekanntheitsgrad, den er bei „Real World“ und diversen anschließenden Ablegershows erlangt hatte, half, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Mizanin ließ sich bei der WWE-Kaderschmiede Ultimate Pro Wrestling in Kalifornien das Handwerk beibringen und bewarb sich dann 2004 bei Tough Enough, dem öffentlichen WWE-Casting für junge Talente. Mizanin belegte den zweiten Platz hinter Daniel Puder, wurde aber trotzdem mit einem Development-Deal ausgestattet - und vollzog dann anders als Puder zwei Jahre später auch den Sprung ins Hauptroster.

Es war offensichtlich, dass die wrestlerischen Fähigkeiten, die Miz damals offenbarte kaum der Grund gewesen sein konnten, dass die WWE ihn in ihren Reihen aufnahm. Es war der Faktor Vermarktungspotenzial, der für Miz sprach: Ein junger, gutaussehender Typ mit auffälliger Persönlichkeit und MTV-Prominenz - das waren Anlagen, aus denen man einen Star formen konnte.

Die andere Seite ist allerdings, dass jemand, der auf diese Weise in die WWE kommt, auch unter besonderer Beobachtung steht - bei kritischen Fans wie auch bei Kollegen, die weit größere Anstrengungen unternehmen mussten, um in die WWE zu kommen. Wie schwer der Stand war, den Miz zu Beginn hatte, wurde vor allem durch den damaligen SmackDown-Kommentator John Bradshaw Layfield offensichtlich. JBL, ein Gralshüter der nicht immer noblen Traditionen des Gewerbes, tat überhaupt nichts, um seine Abneigung gegen Miz zu verhüllen und setzte eine verbale Giftspritze nach der anderen gegen ihn an - obwohl er als Heel über einen Heel sprach.

"Ein Hahn auf Crystal Meth"

Der überwiegende Teil der Fans teilte Layfields Meinung über The Miz - und verwundern durfte das nicht. Die WWE holte Miz zu einem Zeitpunkt ins Hauptroster, an dem er ringerisch weit vom Reifezustand entfernt war. Und seine ersten Gehversuche am WWE-Mikrofon in der wenig ausgearbeiteten Rolle als "Moderator" von SmackDown und Showmaster der Diva Search waren derart pannenreich, dass sie ihm Gerüchten zufolge fast die Entlassungspapiere eingebracht hätten. Zu dem Zeitpunkt hätte ihm kaum ein Fan nachgetrauert.

Das Bild hat sich geändert. Nicht dass Miz eine wundersame Wandlung durchgemacht hätte. Er hat schlicht die nötige Arbeit investiert, um seinen schlechten Ruf auszubessern. Seine Schwächen im Ring hat er verringert, seine Stärken im Bereich Ausstrahlung besser hervorgekehrt: Seine allzu überkandidelte Art - ein Internet-Kritiker verglich ihn mal mit einem "Hahn auf Crystal Meth" - hat er heruntergefahren. Er hat stattdessen ein ausgeprägtes Heel-Charisma mit feinem Mienenspiel entwickelt.

Die positive Entwicklung - im vergangenen Jahr belohnt mit dem Award für den "Most Improved Wrestler" des Wrestling Observer - hat lange vor seiner Verbindung mit John Morrison begonnen. Aber erst durch das kongeniale Zusammenspiel mit dem Shaman Of Sexy ist sie dem Großteil der Fans auch aufgefallen. Miz und Morrison profitierten dabei vor allem davon, dass sie durch ihre längst zum Kult erhobene Internet-Show "The Dirt Sheet" ein Profil entwickeln konnten, wie es ihnen in der begrenzten TV-Zeit wohl nicht möglich gewesen wäre.

Respekt verdient

Wie es für Miz nun weitergeht ist eine spannende Frage, die man aktuell kaum fundiert beantworten kann. Es wäre vermessen zu behaupten, Miz würde direkt an der Schwelle zum Superstar stehen. The Miz ist weiterhin kein herausragender Wrestler, wie sein Draft-Match gegen Kofi Kingston gerade erst wieder gezeigt hat. Ein Knackpunkt wird sein, ob Miz im Ring noch mehr aus sich herausholen kann.

Schon jetzt hat Miz der Wrestlingwelt aber bewiesen, dass er mehr ist als ein B-Promi ist, der sich auf der Suche nach schnellem Ruhm im Wrestling verirrt hat. Mick Foley, JBL's Nachfolger als SmackDown-Kommentator, hat die Entwicklung mal so zusammengefasst: "Er begann als meistgehasster und am wenigsten respektierter Mann in der Umkleide - jetzt ist er nur noch der meistgehasste." Als Heel ist das ein volles Kompliment.