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New World Order – jeder Wrestlingfan kennt diese Wortkombination. Aber wer nicht damit vertraut ist, versteht darunter etwas anderes. New World Order war nämlich ursprünglich der von George Bush Sr. geprägte Begriff für die Neuordnung der globalen Situation nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Der Kommunismus war am Ende, die USA die einzig verbliebene Supermacht und sie hatte kein Feindbild mehr – bis sie kurz darauf erstmals gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein in den Krieg zog. Und die geopolitischen Verwerfungen fanden damals auch ihr Spiegelbild in der World Wrestling Federation.
Die WWF musste sich zum Beispiel darauf einstellen, dass der Iwan nicht mehr als Feindbild taugte. Aus Nikolai Volkoff – in den Achtzigern die Speerspitze der UdSSR in der Liga – wurde mit dem Ende seiner Heimat ein anderer Mensch. Desillusioniert wandte er sich von seinem Partner Boris Zhukov ab und dem amerikanischen Traum zu. Und dabei empfingen ihn die patriotischen Kräfte der Liga – allen voran Jim Duggan – mit offenen Armen.
Volkoff umarmt die USA, Slaughter wendet sich ab
Doch es gab jemanden, dem die neue Harmonie zwischen West und Ost gar nicht behagte. Sgt. Slaughter, der 1990 in die WWF zurückkehrte, erkannte seine alte Heimat nicht mehr wieder. Amerikaner Arm in Arm mit „Commies“? Slaughter war entsetzt. In Videopromos drückte er seine Abscheu darüber aus, dass Amerika Leute wie Volkoff bei sich aufnehme. Amerika wäre friedlich und weich geworden – und das wäre nicht mehr, das Amerika, dass er einst liebte.
Als wären diese Aussagen nicht schon schockierend genug, ging Slaughter noch weiter: Er erklärte seine Sympathie für Saddam Hussein und holte sich sogar einen Manager aus dem Irak an seine Seite: General Adnan. Und Slaughter versprach, den Krieg wieder zu Volkoff zu bringen. In den kommenden Wochen gab es mehrere Konfrontationen zwischen Slaughter und Volkoff, in denen Volkoff stolz die US-Flagge schwenkte, während Slaughter ihn und das Publikum mit der Irakfahne provozierte.
Die Spannungen der beiden führten schließlich dazu, dass sie bei den Survivor Series 1990 je ein Team zu einem traditionellem Elimination Match gegeneinander anführten. Slaughter gelang der ersehnte Sieg über Volkoff, indem er ihn nach einem Elbow pinnte. Später wurde er aber disqualifiziert, als er Volkoffs Partner Tito Santana mit der Irak-Flagge attackierte.
Savage beschert Slaughter den Titel
Trotzdem beeindruckte Slaughter die WWF-Oberen offenbar so sehr, dass sie ihn kurz darauf zum Top-Herausforderer auf den WWF World Title ernannten. Beim Royal Rumble 1991 ging es gegen den Ultimate Warrior. Und Slaughter trat zu dem Match mit einem Paar Stiefeln an, die ihm nach eigenen Angaben von Saddam Hussein geschenkt worden waren. Letztlich waren es aber nicht die Stiefel sondern ein Eingriff von Macho King Randy Savage, die Slaughter den Sieg brachten. Der nämlich zog dem Warrior eins mit dem Zepter über, weil der ihm anders als Slaughter kein Titelmatch für den Fall eines Siegs zusichern wollte.
Savage sei dank war der World Title nun also in den Händen eines Irak-Sympathisanten. Und er verteidigte den Titel auf House Shows auch gegen Herausforderer wie den Warrior und Duggan. Letztlich musste da mal wieder Amerikas größter Liebling die Kohlen aus dem Feuer holen: Hulk Hogan, der für WrestleMania VII zu Slaughters Herausforderer bestimmt wurde. Slaughter reagierte darauf, indem er vor laufender Kamera mehrmals Fotos und Fanartikel des Hulksters in Brand setzte.
Slaughter dominierte bei Mania den Großteil des Matches, scheiterte am Schluss jedoch daran, dass er seinem nahenden Sieg auch eine Demütigung hinzufügen wollte. Er breitete die Irakflagge auf dem am Boden liegenden Hulkster aus – was in diesem neue Kräfte weckte und zur bekannten Endsequenz führte: Hulk up, Fingerzeig, Big Boot, Legdrop, dritter Titelgewinn des Unsterblichen.
Ein Höllenmatch mit gerechtem Ende
Das Happy End? Mitnichten. Hogan war hinter den Kulissen dabei seinen Sieg zu feiern, als ihm Slaughter einen Feuerball ins Gesicht warf und mit einem Stuhl attackierte. Kurz darauf baute Slaughter seine zweiendige Achse des Bösen zum Triangle of Terror aus: Er engagierte ausgerechnet seinen alten Erzfeind, den Iron Sheik, der sich nun als Colonel Mustafa ebenfalls mit dem Irak verbrüderte. Eine recht bizarre Angelegenheit, denn Mustafas Heimatland Iran hatte kurz vorher noch selbst Krieg gegen Saddam geführt.
Um das Terror-Trio in seine Schranken zu verweisen verbündeten sich mit Hogan und dem Warrior die zwei beliebtesten Kräfte der Liga. Es kam schließlich zu einem Showdown bei SummerSlam, der als „Match Made In Hell“ gehypet wurde. Und um in diesem explosiven Match einen Ringrichter mit Durchsetzungskraft zu haben, wurde der mächtige Debütant Sid Justice zum Unparteiischen ernannt.
Keiner wusste so recht, was der Neuling im Schilde führte und was ihn eigentlich als Ringrichter qualifizierte. Entsprechend misstrauisch beäugten ihn viele Zuschauer. Aber Sid machte seinem Beinamen Ehre und leitete das Match fair. Und der Sieg ging so natürlich an Hogan und den Warrior. Hogan konnte Slaughters Versuch, ihm Puder in die Augen zu werfen, abwehren und ihn selbst blenden und mit dem Legdrop nieder strecken. Justice feierte hinterher mit Hogan und um das große glückliche Ende abzurunden, bat auch Slaughter später sein Land um Vergebung und wurde wieder der gute Patriot von früher.
- Obwohl Slaughters Wendung Amerika natürlich reine Storyline war, musste er zu dieser Zeit doch ernsthaft um sein Wohlbefinden fürchten. Zur Sicherheit trug er oft sogar eine schusssichere Weste unter seiner Ringkleidung.
- Sicherheitsbedenken wegen der kontroversen Story waren offiziell auch der Grund dafür, warum Wrestlemania VII von dem 100.000 Zuschauer fassenden Memorial Coliseum in die kleinere Sports Arena in Los Angeles verlegt werden musste. Inoffiziell setzte die WWF aber einfach nicht genug Tickets für das große Stadion ab.
- Mit Slaughters Titelregentschaft löste Vince McMahon ein Versprechen ein, das er ihm rund zehn Jahre vorher gegeben hatte. Eigentlich sollte nämlich der damals ungemein beliebte Slaughter und nicht Hogan der langfristige Erbe von Bob Backlund als WWF Champion werden. Dass Vince am Ende Hogan vorzog, war der Grund, warum Slaughter kurz darauf zur AWA wechselte und erst 1990 zurückkehrte.