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In den Mitneunzigern herrschte ein regelrechter Krieg zwischen den Promotions des nordamerikanischen Wrestlinggeschäfts. WWF und WCW lieferten sich jeden Montag ein Kopf an Kopf Rennen, um die besten TV-Quoten und mit der ECW drängte mehr und mehr noch ein dritter Kontrahent darauf, in den Kampf um die Vorherrschaft im US-Markt einzusteigen.
Die Klima zwischen den Beteiligten erhitzte sich derweil mehr und mehr. Stichelein und direkte Herausforderungen an die Gegenseite standen bald auf der Tagesordnung. Zu konkreten Ergebnissen führten diese jedoch nur selten. Niemand erwartete wirklich, dass Vince McMahon ernsthaft bei WCW Nitro auftauchen würde, wenn Eric Bischoff ihn zu einem Kampf Mann gegen Mann aufforderte. Niemand rechnete ernsthaft mit einem Erscheinen Ric Flairs in der ECW als Shane Douglas aus der Heyman-Promotion seine Spitzen gegen die WCW-Legende abschoss. Niemand dachte wirklich, dass Kevin Nash und Scott Hall nun die WCW verlassen würden, als die D-Generation X vor den Toren der Nitro-Arena die Freilassung ihrer Freunde forderte. Zu groß wäre die Publicity, die man der gegnerischen Promotion geboten hätte und zu gefährlich der potentielle Schaden für das eigene Produkt gewesen.
Doch über die Jahre zeigt die Wrestlinggeschichte, dass es in diesem Geschäft nur wenig Regeln gibt, die nicht doch irgendwann gebrochen worden. Wenn also die gemeine Wrestling-Fan 1997 dachte, dass Jerry Lawler als Kommentator von WWF RAW mit seinen ständigen Stichelein gegen die ECW nur ein paar folgenlose Shoots in Richtung "South Phily" loswerden wolle, sollte er bald eines Besseren belehrt werden.
Extremer Besuch bei den Mind Games
Erstmals aufmerksam auf die wachsende Konkurrenz aus Philadelphia sollte die WWF im Sommer 1995 werden. Während des auf fragwürdige Weise berühmt gewordenen WWF Titelprogramms zwischen dem amtierenden Champion Diesel und dem frisch gekürten King of the Ring Mabel, brachen erstmals im Publikum einer Mainstream-Liga jene "ECW"-Chants aus, die später signifikant für die kleine Rebellen-Promotion werden sollten. Die WWF-Fans drückten auf diese Weise ihren Unmut über die Ausrichtung ihrer Liga aus und wiesen deren Management nunmehr lautstark auf die Alternativen zum WWF-Programm hin.
Dennoch dauerte es mehr als ein Jahr bis die WWF erneut Notiz von der ECW nehmen sollte. Diesmal jedoch in deutlicherer Form: Beim In Your House Event Mind Games zeigte sich niemand geringerer als ECW-Mastermind Paul Heyman, begleitet von seinen Topstars Tommy Dreamer und The Sandman im Publikum. Während eines Caribbean Strap Matches zwischen Justin Bradshaw und Savio Vega, nutze der Sandman schließlich die Gelegenheit, um letzterem sein Bier ins Gesicht zu spucken. Umgehend wurden Heyman und seine Begleiter der Arena verwiesen, doch nur wenige Wochen später sollte mit Taz ein weiterer seiner Stars den Weg in die WWF finden und bei einer Live-Übertragung von RAW die Halle stürmen. Die kleinen Rebellen aus Philadelphia schienen sich tatsächlich mit der übermächtigen WWF messen zu wollen.
Heymans Truppe übernimmt RAW
Besonders unzufrieden über diese Ereignisse zeigte sich auf Seiten der McMahon-Promotion Kommentator Jerry Lawler. Als bei RAW einige ECW-Plakate unter den Fans die Runde machten, ließ er sich zu einigen respektlosen Äußerungen über die Promotion hinreißen. Diese wurden durch einem Live-Anruf Paul Heymans beantwortet, in dessen Verlauf Lawler der King die ECW schließlich aufforderte sich der WWF in einer echten Halle zu stellen. Und tatsächlich schien es der ECW-Boss darauf ankommen lassen zu wollen: Am 24. Februar 1997 stürmte Paul Heyman gemeinsam mit den Eliminators Perry Saturn und John Kronus das New Yorker Manhattan Center, was an diesem Abend Austragungsort von WWF RAW sein sollte, und erklärte nach einer Total Elimination gegen einen WWF-Mitarbeiter, dass die Herausforderung des Kings angenommen sei.
Den weiteren Abend sollten Heymans Männer ganz in ihrem Stile gestalten. Tommy Dreamer, D-Von Dudley, Taz, Mikey Whipwreck, Little Guido und sogar Big Stevie Cool bestritten gegeneinander Matches, während Paul Heyman das RAW-Kommentatorenteam vervollständigte. Selbst der ECW World Champion Raven ließ es sich nicht nehmen der Show beizuwohnen. Für eine Nacht war es der ECW gelungen das WWF Flagschiff Monday Night RAW zu "ihrer Show" zu machen.
Aus RVD wird Mr. Monday Night
Den Hass des Kings auf die Heyman-Promotion sollte dieser Abend derweil nur weiter schüren. In Promos, die immer wieder von dem Schlagwort "Extreme Crappy Wrestling" als Synonym der ECW durchzogen wurden, redete er sich einen Frust über die Liga, die für ihn alles Schlechte des Wrestlingssports in sich vereinte und deren nicht weniger unfähige Wrestler von der Seele. Nur einen ECW-Star sollte Lawler überraschenderweise explizit von der Kritik ausnehmen: Rob van Dam.
RVD, der bis dahin in der ECW ein Publikumsliebling gewesen war, hatte sich bereits kurz zuvor offen von seinem Arbeitgeber abgewendet. Nachdem er beim ersten PPV der Promotion Barely Legal nur in letzter Sekunde auf der Card gelandet war, erklärte er künftig nicht mehr in zweiten Reihe stehen zu wollen. Nur eine Woche nach dem Großevent erklärte er bei Hardcore TV nunmehr offen für alle Angebote der „großen Montagshows“ zu sein und liebäugelte offen mit einem Wechsel zur WCW. Stattdessen wurde er nun bei RAW von Jerry Lawler als „Mr. Monday Night“ präsentiert und trat fortan als dessen Schützling in der Montagsshow der WWF auf, während er zeitgleich in der ECW unter dem Namen „Team WWF“ eine Gruppe an abwanderungswilligen Workern unter seiner Führung vereinte.
Aufstand gegen den König: Lawler in der ECW-Arena
Jerry Lawler war damit innerhalb kürzester Zeit zu einem roten Tuch für die ECW-Fans geworden, dabei sollte sein größter Coup erst noch folgen: Bei ECW Wrestlepalooza kam es zum finalen Duell zwischen Tommy Dreamer und seinem Erzrivalen Raven. Nachdem es Dreamer über zwei Jahre lang nie gelungen war seinen Nemesis zu besiegen, sollte ihm im letzten Anlauf endlich der langersehnte Erfolg gelingen. Mit einem lauten "ECW"-Schrei verpasste er Raven den Dreamer DDT, um sich dann für seinen bisher größten Sieg von den Fans feiern lassen zu können – zumindest für ein paar Sekunden.
Denn viel länger dauerte es nicht bis plötzlich das Licht in der ECW-Arena erlosch und bei wiedereinsetzender Beleuchtung niemand geringerer als Jerry Lawler neben Dreamer auftauchte. Sofort dirigierte der sein "Team WWF", nunmehr bestehende aus RVD, Sabu und Bill Alfonso, in den Ring und prügelte mit diesen gemeinsam auf Dreamer ein. Mehrere ECW Superstars versuchten noch ihrem Kollegen zu Hilfe zu eilen, wurden aber allesamt vom Team WWF abgefertigt. Über dem geschlagenen Fanliebling Tommy Dreamer thronend verglich der King die ECW Arena nunmehr mit einer aus Toilettenpapier erbauten Bingohalle. Worte mit denen er die ohnehin schon überkochende Stimmung in der Halle nur weiter gegen sich aufbrachte. Niemand hatte daran geglaubt, dass sich die Legende Jerry Lawler tatsächlich in die kleine ECW-Arena herabwagen würde – verlassen konnte er sie allerdings auch nur unter Polizeischutz.
Rick Rude fällt Dreamer und Sandman in den Rücken
Die folgenden Wochen waren nunmehr von Attacken der beiden Parteien auf beiden Programmen geprägt. Während Jerry Lawler, diesmal begleitet von Jim Cornette, der sich bald auch verbal am Krieg der beiden Promotions beteiligte, erneut in der ECW Arena erschien, um RVD und Sabu zu einem Tag Team Sieg über Tommy Dreamer und dem Sandman zu verhelfen, erschienen letztere, ebenso wie Paul Heyman, mehrfach bei Monday Night RAW, um dort den Erfolg des Trios Lawler, RVD, Sabu so weit wie möglich zu unterbinden.
Unmittelbar vor dem ersten großen Showdown der beiden Fraktion bei ECW Heatwave, wo ein Six Man Tag Team Match zwischen Lawler, Sabu und Van Dam auf der einen sowie den Vertretern der ECW auf der anderen Seite angedacht war, sollten auch Tommy Dreamer und der Sandman erstmals ungewohnte Unterstützung erhalten. Als drittes Mitglied ihres Teams konnten sie nämlich niemand geringeren als den langjährigen WWF Star Rick Rude präsentieren. – Dessen Unterstützung erwies sich allerdings bald als untauglich. Rude ließ sein Team im Stich, um sich stattdessen dem Triple Threat anzuschließen, womit die nunmehr zahlenmäßig unterlegenen Dreamer und Sandman zum gefunden Fressen für das Team WWF wurden. Während die Invasoren die beiden ECW Originale an eine Käfigwand gekettet mit Stühlen bearbeiteten, musste das eigentliche Match vom Ringrichter abgebrochen werden, weil der wilde Brawl, der unter zusätzlicher Beteiligung vom Triple Threat und Taz zeitgleich entstand, selbst für ECW Verhältnisse längst außer Kontrolle geraten war.
Showdown zwischen Lawler und Dreamer
Auch der nächste Großevent Born to be Wired endete mit dem besseren Ergebnis für die Eindringlinge: Während es Rob van Dam gelang Tommy Dreamer zu besiegen, konnte Sabu in einem brutalen, geschichtsträchtigem Barbed Wire Match sogar den ECW World Champion Terry Funk besiegen. Zusätzlich zu den zahlreichen Demütigungen musste die ECW nun also auch noch die Schmach ertragen ihren wertvollsten Titel in Feindeshänden zu wissen.
Zeitgleich bahnte sich für Hardcore Heaven der langersehnte Showdown zwischen Jerry Lawler und Tommy Dreamer an. Letzterer hatte den King mehrfach zu einem Singles Match herausfordert und tatsächlich nahm Lawler die Offerte schließlich an. Und so kehrte der King ein weiteres Mal in die ECW zurück, um Tommy Dreamer entgültig kleinzukriegen. Trotz prominenter Unterstützung durch Rick Rude, Jake Roberts und sogar der Vorzeigediva der WWF, Sunny, gelang es Lawler jedoch nicht Dreamer zu besiegen. Nachdem dessen Weggefährtin Belauh McGillycutty schließlich Sunny an weiteren Eingriffen hinderte, gelang es Dreamer schließlich doch noch den Dreamer DDT erfolgreich anzubringen und unter lautem Jubel der Fans den schon unmöglich geglaubten Sieg über Jerry Lawler einzufahren.
Beulah gegen Fonzie endet in einem Blutbad
Doch obwohl es damit endlich gelungen war Jerry Lawler zurück in die WWF zu schicken, sollte der Krieg zwischen beiden Parteien noch lange nicht beendet gewesen sein. Rob van Dam, Sabu und Fonzie taten ihr bestes um den WWF-Banner weiter hochzuhalten und nutzen jede Gelegenheit nach erfolgreichen Matches gegen Dreamer und Sandman deren Körper mit einer WWF-Flagge zu überdecken. Verstärkt durch Doug Fornas und Phil LaFon hatten, sah sich das Team nun sogar in der Position die ECW Arena in die WWF Arena umbenennen zu wollen. Provokationen wie diese bewegten schließlich auch den eigentlich als Einzelgänger bekannten Taz, der ohnehin mit Sabu seit Monaten in eine bittere Rivalität verwickelt war, ein loses Zweckbündnis mit Dreamer einzugehen und diesem gegen die Attacken des Team WWF beizustehen.
Während sich die Fronten zwischen den beiden Partein nunmehr verhärtet hatten, sorgten zwei Figuren, die bisher eher Nebendarsteller dieser Fehde gewesen waren, für Aufsehen: Belauh McGillicutty und Bill Alfonso waren an der Seite ihrer jeweiligen Schützlinge Tommy Dreamer und Rob van Dam in ein Tag Team Match gebookt worden. Nachdem er Dreamer mit einer Attacke durch einen Tisch außer Gefecht gesetzt hatte, erklärte RVD jedoch, dass er bessere Dinge zu tun habe, als Mixed Tag Team Matches zu bestreiten und überließ Beulah seinem Manager. Als dieser Dreamers Valet attackieren wollte, holte diese jedoch ein unter ihrem Shirt verstecktes Backblech hervor und schlug mit diesem auf Fonzie ein. Im nun folgenden Match der beiden, prügelte Beulah nun Alfonso ganze sechs Minuten quer durch den Ring, ehe sie über ihren mittlerweile blutüberströmten Gegner den Pinfall einfuhr. Ausgerechnet das Match zweier Manager sollte zu einem der blutigsten der ECW-Geschichte werden.
Happy End für die ECW
Nachdem es Tommy Dreamer an der Seite von Taz schließlich gelungen war bei Ultimate Jeopardy Sabu und Rob Van Dam zu besiegen, sollte ein Flag Match beim November to Remember die entgültige Entscheidung im Krieg der beiden Promotions bringen. Durch die Eingriffe von Doug Fornas, Phil LaFon und dem zurückgekehrtem Stevie Richards wurde jedoch nicht nur Tommy Dreamer sondern auch der Ringrichter ausgeschaltet. Das Match fand kein offizielles Ende und die Entscheidung war damit erneut vertagt.
Bei Better Than Ever konnten sich RVD und Sabu nun sogar für ihre Niederlage bei Ultimate Jeopardy revanchieren und beinahe schien es nun als würden sie das monatelange Duell der beiden Promotions für sich entscheiden können. Doch zum Jahresende kam es schließlich bei Hardcore TV zu einem finalen Eight Man Tag Team Match zwischen Van Dam, Sabu, Fornas und LaFon auf der einen sowie Dreamer, Taz, dem Sandman und Al Snow auf der anderen Seite. Hier gelang es den ECW Stars schließlich doch nach monatelangem Ringen einen klaren Sieg über das Team WWF einzufahren und damit diese langwierige Rivalität schließlich für sich zu entscheiden.
- Nachdem die Fehde zunächst in beiden Promotions ausgetragen wurde, verlagerte sich der Schauplatz bald völlig auf die ECW. In der WWE hatte die Meinung Überhand gewonnen, dass man im aufreibenden Quotenkrieg mit der WCW seine TV-Zeit nicht an die Talente andere Ligen vergeuden sollte. Dennoch erlangte die ECW auch so durch ihre Präsenz bei Monday Night RAW merkliche Aufmerksamkeit, die ihr grade vor ihrem ersten PPV Barely Legal nicht unrecht kam.
- Das blutige Match zwischen Beulah McGillycutty und Bill Alfonso diente als Bestrafung für letzteren, weil dieser angeblich ECW-Talente an die WCW vermittelt haben soll. Im ECW Management dachte man über eine Entlassung des RVD-Managers nach, durch sein Match mit Beulah sicherte er sich jedoch seinen Job.