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Es gibt Storylines im Wrestling, die stammen aus der Feder eines bezahlten Schreibers, zu manch anderen geben die Wrestler selbst den Anstoß. Aber es gibt auch Storys, die sich niemand mehr ausdenken muss, weil die Realität sie schon geschrieben hat. Eines der berühmtesten Beispiele ist die Fehde zwischen Matt Hardy sowie Edge und Lita. Diese Rivalität begann offiziell bei einer RAW-Ausgabe im Juli 2005, als Edge hinter den Kulissen von Hardy attackiert wurde. Aber um diese Geschichte zu verstehen, muss man ein paar Monate zurück und über das, was vor den WWE-Kameras passiert, hinausblicken.
Im August 2004 unterzog Matt Hardy sich einer komplizierten Knie-Operation, die ihn zu einer Auszeit von über einem halben Jahr zwang. Hardy musste seine langjährige Freundin Lita allein „on the road“ zurücklassen. Im Februar 2005 fiel den Fans von Matt dann etwas auf: Von seiner Homepage waren alle Fotos mit Lita verschwunden. Als die Mails auf Hardy einprasselten, was das zu bedeuten hätte, antwortete Hardy, dass die Fans diese Frage Lita zu stellen hätten und fügte hinzu, dass seine jüngsten Tage "verrottet" gewesen wären.
Ausgehend von diesen nicht sehr subtilen Hinweisen war den Fans schnell klar, dass es mit Matt und Lita aus war. Aus der brodelnden Gerüchteküche kam dann bald zu Tage, dass Lita eine Affäre mit einem anderen WWE-Angestellten hatte und die Beziehung daran zerbrochen war. Und wenig später verdichtete sich dieses Gerücht dahingehend, dass dieser jemand Edge war - ein guter Freund Hardys hinter den Kulissen und selbst verheiratet. Hardy bestätigte diese Vermutung dann später dadurch, dass er auf seiner Homepage schrieb, dass er hinter den Kulissen bei RAW vorbeischauen wollte und Edge konfrontieren wollte, was von der WWE unterbunden wurde. Er beschimpfte Edge bei der Gelegenheit auch noch als "Fäkalie".
Auf Entlassung folgt beispiellose Sympathiewelle
Bei der explosiven Situation - Edge, Hardy und Lita waren allesamt Mitglied des RAW-Rosters - fragte sich natürlich jeder Fan, wie die WWE damit umgehen würde. Am 11. April 2005 erhielten sie auf der offiziellen WWE-Homepage die Antwort: Matt Hardy wurde entlassen. Die Liga empfand seinen öffentlichen Umgang mit der Affäre als unprofessionell. Dieser zu dem Zeitpunkt überraschende Schritt löste eine Lawine aus. Es bildete sich eine Sympathiewelle für den Gekündigten, die vergleichbar war mit dem, was 1997 nach dem Montreal Screwjob ablief. Auch die Schlachtrufe waren ähnlich: "We want Matt" und "You screwed Matt" schallte durch viele Arenen, die Edge und Lita betraten.
Matt Hardy wurde auf diese Weise unverhofft zum heißesten Free Agent des nordamerikanischen Wrestlingmarkts, dem nach Ablauf seiner 90-tägigen Nichtantrittsklausel alle Optionen offen standen: Er konnte die Schecks bei den Indy-Ligen einsammeln, er konnte seinem Bruder Jeff zu TNA Wrestling folgen, wo der Boden für seine Debüt-Storyline mit einer Attacke von Jeff Jarrett auf den anderen Hardy bereits bereitet wurde. Aber er hatte noch eine dritte Option, wie sich bald herauskristallisieren sollte: Denn mehr und mehr deutete sich an, dass die WWE Interesse entwickelte, ihn wieder ins Boot zu holen.
Bald nach Hardys Entlassung begann die Liga sich die Situation um das tragische Liebesdreieck für ihre Zwecke nutzbar zu machen: Lita, die als Publikumsliebling nicht mehr zu halten war, wurde in einer Fehde zwischen Kane und Edge zum Heel geturnt und an Edges Seite gestellt - nicht zu dessen schaden. Außerdem streute die WWE Anspielungen auf Hardy in ihr Programm ein, um die Reaktion der Zuschauer darauf zu testen: Beim ECW One Night Stand erwähnte Paul Heyman Hardys Namen in einer Promo, bei einer Storyline-Hochzeit zwischen Edge und Lita wurde als böser Streich Edges in Richtung Publikum Hardys Musik eingespielt. Die Reaktionen waren in beiden Fällen überwältigend.
Comeback pünktlich nach 90 Tagen
Doch eine Rückkehr Hardys zur WWE schien in weite Ferne zu rücken, als Hardy kurz vor Ablauf seiner 90-Tages-Klausel auf Distanz zu seinem Ex-Arbeitgeber ging. Er sprach davon, dass sein ablaufender Vertrag ein Gefängnis wäre, aus dem er bald endlich ausbrechen könnte und schickte via Internet noch einmal eine heftige Hass-Adresse in Richtung Edge und Lita. Dann kam der 11. Juli 2005, der Tag 90 Tage nach Hardys Entlassung - und es passierte das, womit zu diesem Zeitpunkt kaum jemand rechnete.
Bei der RAW-Show an diesem Montag war Edge mit Lita gerade auf dem Weg zum Ring zu einem Match mit Kane, als er plötzlich von hinten attackiert wurde. Es war Matt, der sich anscheinend an den WWE-Securitys vorbeigeschlichen hatte und durch eine Hintertür genauso schnell wieder verschwand, wie er gekommen war. Während Edges Match tauchte Hardy aber wieder auf und attackierte Edge aufs Neue. Diesmal nahmen ihn die Securitys - beordert von WWE-Personalchef John Laurinaitis - sofort in Gewahrsam, doch Hardy riss sich noch einmal los, griff sich ein Mikrofon und skandierte, dass die WWE zur Hölle fahren könne und er in einigen Tagen bei einer Ring-Of-Honor-Show wäre. Die Szenen wirkten wie ein Shoot - und sollten das auch. In Wahrheit waren sie aber durchgeplant: Matt Hardy hatte wieder bei der WWE unterschrieben und die einzig logische Comeback-Fehde hatte begonnen.
Hardy machte sich in den kommenden Wochen noch durch weitere Attacken auf Edge bemerkbar, wählte aber auch andere Wege, um seinem Anliegen Gehör zu verschaffen. So wählte er sich in die WWE-Internetshow Byte This ein und konfrontierte die als Gast eingeladene Lita mit unangenehmen Fragen. Über Wochen behandelte die WWE Hardy wie einen Störenfried, ehe dann Vince McMahon mit einem seiner berühmten "Major Announcements" eine Kehrtwende vollzog: Er erklärte, dass ihn immer ausgezeichnet hätte, dass er seine persönliche Ansichten zu Gunsten von gutem Business zurückgestellt hätte. Und das hätte er auch diesmal getan: Er verkündete, Matt Hardy zurück in die WWE geholt und für den Summer Slam in ein Mtach mit Edge gesteckt zu haben.
Bittere Pille beim Summer Slam
Hardy betrat dann unter dem Jubel der Fans den Ring, schüttelte Vince die Hand und erklärte den Nicht-Internet-Fans, was ihm in den Monaten zuvor passiert war. Er meinte, dass Edge seine private und beinahe auch seine berufliche Existenz ruiniert hätte - und dafür büßen sollte. Er meinte, dass Edge wünschen würde, dass er tot wäre, wenn er fertig mit ihm würde - und fügte hinzu, dass es ihn froh machen würde, wenn Edge bei einem Autounfall ums Leben kommen würde. Hardy beschloss seine Ansprache mit der Feststellung, dass es beim Slam ums Überleben gehen würde - und Matt Hardy würde nicht sterben.
Edge giftete in der Woche darauf in ähnlich galliger Weise zurück und meinte zu Hardy, dass er ihm eigentlich danken sollte. Denn dass er nun beliebt wäre wie nie und in einem Top-Match beim Slam stehen würde, läge nur daran, dass seine Freundin ihn mit einem richtigen Main Eventer betrogen hätte. Hardy hätte seine 15 Minuten Ruhm, doch 13 davon wären vorbei und die Uhr würde beim Summer Slam ablaufen. Am selben Abend bestritt Hardy sein Comeback-Match gegen Snitsky, was diesmal Edge zu einer Hinterhalt-Attacke nutzte.
Beim Summer Slam kam es dann zum Showdown, der nicht so lief, wie es sich die meisten erwartet bzw. erhofft hatten. Nach nur wenigen Minuten musste der Ringrichter zu Gunsten von Edge abbrechen, nachdem Hardy übermütig mit dem Kopf voran gegen den Ringpfosten lief und fortan den Attacken seines Gegners hilflos ausgeliefert war. Hardy war noch am Tag darauf so benommen, dass er relativ sang- und klanglos gegen Rob Conway verlor und auch gegen eine weitere Attacke Edges kaum etwas tun konnte. Als Höhepunkt klemmte Edge Hardys Kopf zwischen Ringpfosten und Stahltreppe und trat unbarmherzig zu.
Doppelter Flug ins Elektro-Equipment
Nichtsdestotrotz wagte es Hardy schon sieben Tage später, Edge bei RAW in einem Street Fight gegenüber zu treten, wo es ihm erstmals gelang, Vergeltung zu üben. Der Kampf verlagerte sich mit der Zeit auf die Einmarschrampe, von der Hardy aus seinem Gegner den Side Effect in einen Haufen Elektro-Equipment verpasste. Selbstredend, dass nach dieser Aktion keiner der beiden mehr aufstehen konnte und der Kampf ergebnislos endete.
Mit der Aktion zog sich Hardy den Zorn von General Manager Eric Bischoff zu, der Hardy in der Woche darauf erklärte, dass er die Sicherheit anderer gefährdet und eine Klage gegen ihn riskiert hätte. Damit so etwas nicht noch mal vorkam, zäunte er die Kontrahenten für ihr nächstes Match ein: Bei Unforgiven sollte es ein Steel Cage Match geben. Und um Hardy noch einen mitzugeben, zwang er ihn noch in ein Match mit Snitsky - das Hardy durch eine Ablenkung von Edge und Lita verlor.
Hardy gelingt Revanche - doch Edge lacht zuletzt
In der Woche darauf sollte Edge gegen Big Show antreten, doch eine Einmischung von Snitsky und Matt resultierte in einem spontanen Tag Team Match, in dem Edge Hardy pinnen konnte, nachdem Lita sich einmischte und Hardy zwischen die Beine trat. Nach dem Kampf half Edge Hardy noch als Extra-Demütigung auf die Beine und ließ Lita ihn mit dem Twist Of Fate niederstrecken - der Aktion, die Matt seiner Ex einstmals beigebracht hatte. Doch Hardy sollte bei Unforgiven seine Rache bekommen: In dem Cage Match wehrte er zunächst einen Eingriffsversuch Litas mit einem Twist Of Fate seinerseits ab, dann traf er Edge mit einem Legdrop vom Käfig, mit dem ihm endlich der ersehnte Sieg gegen Edge gelingen sollte.
Edge beschwerte sich am Tag darauf bei Bischoff, dass Hardy Hand an seine Freundin angelegt hätte und forderte dessen erneute Entlassung - worauf Bischoff zumindest insoweit zustimmte, dass er und Hardy bei RAW nicht mehr koexistieren könnten. Wer das Roster verlassen sollte, sollte jedoch ein Match der beiden bei dem RAW-Spezial zur Wiederkehr der Show auf das USA Network entscheiden. Bischoff machte es zu einem Leitermatch, in dem auch Edges Money-In-The-Bank-Koffer auf dem Spiel stehen sollte.
In einem gewohnt spektakulärem Kampf war es am Ende Lita, die den Unterschied machen sollte: Mehrmals hinderte sie Matt erfolgreich daran, zu dem Koffer vorzudringen und hielt Hardy - der von Edge mit den Händen in die Seile geschnürt wurde - letztendlich mit einem Crucifix so fest, dass Edge unbehelligt den Koffer abhängen konnte und damit auch seinen Verbleib bei RAW sichern konnte. Hardy wurde von den Securitys abgeführt, fand aber selbstredend bei SmackDown schnell eine neue Heimat.
- So ziemlich jeder Zuschauer wünschte sich nach den realen Ereignissen zwischen Edge, Hardy und Lita die Verarbeitung selbiger als Storyline, dass es für die Protagonisten heikel war, ist allerdings auch selbsterklärend. Während Hardy und Edge zwangsweise die Professionalität wahrten und keine Zwischenfälle aus den Aufeinandertreffen bekannt wurden, war dagegen bei Lita das Unwohlsein groß. Dass sie ihr "Schlampen"-Image, dass sie nach der Affäre weghatte, fortan auch im TV darstellen musste, gilt als Auslöser für ihre Entfremdung von der WWE, die ein Jahr später in ihrem vorzeitigen Karriere-Ende gipfelte.