This text is hidden because it is only available in German language. Please click this line if you do not care and want to view it anyway.
Fast zwei Dekaden lang war Bruno Sammartino das Aushängeschild schlechthin der World (Wide) Wrestling Federation. Mehr als ein Jahrzehnt trug er insgesamt den World Title der Liga, der kräftige Italo-Amerikaner wurde als Held verehrt beim Wrestlingpublikum im Nordosten der USA. Doch die Fehde, für die Sammartino heute am meisten in Erinnerung ist, kam zu einem Zeitpunkt, als Sammartino seine besten Jahre eigentlich schon hinter sich hatte. Es war das Jahr 1980, Sammartino war bereits Mitte 40 und aus dem aktiven Geschehen weitgehend zurückgezogen und agierte zumeist nur noch als Kommentator und Interviewer in den Shows der McMahons. Nichtsdestotrotz wurde er immer noch verehrt von den WWF-Fans - in einem Maße, das frustrierend war für jemanden, der enge Verbindungen zu Sammartino hatte: Larry Zbyszko.
Sammartino war für den jungen Zbyszko ein Mentor und väterlicher Freund. Das war keine Beziehung, die von Bookern ersonnen wurde, es war die Realität. Zbyszko war als Teenager ein Riesenfan Sammartinos und war als 16-Jähriger an den Superstar herangetreten und hatte ihn gebeten, ihn zum Wrestler auszubilden. Sammartino nahm den Youngster unter seine Fittiche und brachte ihn schließlich dann auch in die WWF. Dort feierte der technisch hochversierte Zbyszko Erfolge als Tag Team Wrestler - Ende 1978 holte er sich mit Tony Garea die Titel - nach einiger Zeit jedoch geriet seine Karriere in die Sackgasse.
Man begann zu merken, dass irgendetwas in Zbyszko brodelte, als er wiederholt genervt reagierte, als Sammartino ihn nach seinen Matches zu Interviews bat. Zunächst sagte er nicht, was los war, ehe Sammartino ihn dann aber doch zum Reden brachte. Zbyszko brachte darauf seinen Frust zum Ausdruck, dass er von allen Fans nur als der Schützling der „Living Legend“ wahrgenommen würde. Er hatte genug davon in dessen Schatten zu stehen und fand dass er etwas tun müsste, um aus ebenjenem Schatten zu treten. Er bat Sammartino daher darum, gegen ihn anzutreten, damit er ihm, den Fans und sich selbst beweisen konnte, dass er mehr war als nur sein Günstling.
Blutige Stuhl-Attacke gegen den Lehrmeister
Sammartino zeigte sich irritiert und lehnte die Bitte ab: Er könne nicht gegen Zbyszko in den Ring steigen, das wäre als würde er gegen seinen kleinen Bruder kämpfen. Doch das Nein akzeptierte Zbyszko nicht. Er teilte Sammartino mit, dass er wegen dieser Ablehnung keinen Sinn mehr darin sehe, überhaupt weiter in den Ring zu steigen. Für das Karriere-Ende seines Zöglings wollte Sammartino dann aber doch nicht verantwortlich sein und darum lenkte er widerwillig ein, bei Championship Wrestling gegen Zbyszko zu wrestlen. Er stellte aber klar, dass das dieses Match Schaukampf-Charakter haben würde und er nicht offensiv gegen Zbyszko vorgehen würde.
Tatsächlich beschränkte sich Sammartino in dem Match aufs Kontern, doch das tat er so gut, dass Zbyszko in dem Kampf keinen rechten Stich machte. Das nagte sichtlich an ihm, doch wie er letztlich auf seine Unterlegenheit reagierte, schockierte das Publikum aufs Heftigste. Er schnappte sich einen Stuhl - der wohlgemerkt aus Holz und nicht aus Metall war - und schlug auf seinen Mentor ein. Nach drei Hieben blieb Sammartino in einer gewaltigen Blutlache zurück, die von den Ringrichtern vor den weiteren Matches nur notdürftig weggewischt werden konnte. Es waren Szenen, die sich einbrannten in die Köpfe der Zuschauer, die solche Überraschungs-Turns bei TV-Shows fast nie zu Gesicht bekamen.
Zbyszko wurde durch diese legendäre Attacke über Nacht zum meistgehassten Mann der WWF. Er berichtete später von wüsten Angriffen aufgebrachter Sammartino-Anhänger auf ihn: Autos, in denen er saß, seien demoliert worden, ein Taxi umgeworfen, er habe Drohanrufe von der Mafia erhalten, einmal sei er sogar mit einem Messer attackiert und ins Hinterteil gestochen worden. Wie viel davon wahr und wie viel gezielte Legendenbildung ist, ist natürlich fraglich, aber der Hass auf Zbyszko war tatsächlich gewaltig.
Showdown im Shea Stadium
Die Fans teilten die Wut Sammartinos, der Zbyszko nach seinem Angriff als "Judas" zu bezeichnen begann - worauf Zbyszko gekonnt parierte: Wenn er ihn als Judas bezeichne, gebe das Aufschluss, als was Sammartino sich selbst sehe, bemerkte Zbyszko spitz. Die beiden Rivalen begannen quer durch das WWF-Territorium gegeneinander anzutreten - und meist ging es so hitzig zu, dass kein klarer Matchausgang zustande kam. Mal wurden einer oder beide Kontrahenten disqualifiziert, noch öfter wurde Zbyszko ausgezählt.
Das weckte die Sehnsucht der Fans nach einem Match, das kein unbefriedigendes Ende zuließ. Und mit Blick auf die größte Show des Jahres sollte sich eine Lösung anbahnen: Ein Steel Cage Match - Sammartinos Spezialmatch. Stattfinden sollte es beim Showdown at Shea im riesigen Shea Stadium im New Yorker Stadtteil Flushing. Berühmt wurde die Vertragsunterzeichnung für diese Schlacht, in der Zbyszko nach Sammartinos Unterschrift erklärte, dass dieser seine Todesurkunde unterzeichnet hätte.
Im Shea Stadium versammelten sich nach offizieller Darstellung 45.000 Fans - die wahre Zuschauerzahl lag je nach Quelle zwischen 22.000 und 35.000 - um zu sehen, ob die selbsterklärte "New Living Legend" das wahrmachen könnte. Es wurde ein Showdown, der die hochgesteckten Erwartungen nicht enttäuschte: Am Ende zeigte Sammartino, dass er nicht zum alten Eisen gehörte, indem er den Käfig verließ, nachdem er seinen Gegner zweimal in das Gitter geworfen hatte. Der hatte nach dem Kampf noch nicht genug und ging weiter auf Konfronationskurs mit Sammartino. Der schlug Zbyszko zweimal, bis der sich zähneknirschend dazu durchrang, Sammartinos Hand zu heben und dessen Triumph anzuerkennen.
Es war nicht das direkte Ende dieser Fehde - bis zum Jahresende gab es noch eine Handvoll weiterer Duelle - aber es war der Höhepunkt einer Rivalität, die als eine der größten ihrer Zeit in die Geschichte einging.