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Über beinahe ein Jahrzehnt glich die wrestlerische Karriere wie auch das Privatleben Jeff Hardys einer ständigen Berg- und Talfahrt. Seit 2003 pendelte der jüngere Hardy-Bruder zwischen World Wrestling Entertainment und Total Nonstop Action Wrestling – inklusive obligatorischem Zwischenstop bei Ring of Honor – hin und her, um Fans und Kritiker dabei mehr als einmal in zwei Lager zu spalten: Einerseits ließen sich Hardys gewaltige Popularität und seine an guten Tagen beinahe völlig selbstlose Hingabe zum Wrestling kaum von der Hand weisen – andererseits brachte es wohl kein Superstar seiner Generation auf derart viele schlechte Tage, an denen der jahrelange Publikumsliebling mitunter ein erschreckendes Bild abgab.
Die Liste von Hardys negativen Ausfällen liest sich entsprechend: 2003 wegen mehrerer verpasster Events, Drogenkonsum und der angeblichen Verweigerung einer Therapie von der WWE entlassen. Sein zweijähriger Erstaufenthalt bei TNA zwischen 2004 und 2006 brachte zwei Suspendierungen nach verpassten PPV-Auftritten und mitunter vernichtende Kritiken bezüglich seiner Form mit sich. Zurück bei der WWE fing sich Hardy trotz vielversprechender Auftritte ebenfalls zwei Suspendierungen wegen Verstößen gegen die firmeneigene "Wellness-Policy" ein, ehe eine Verhaftung und anschließende Anklage wegen illegalem Drogenbesitz und mutmaßlichen Handel im Herbst 2009 den vorläufigen traurigen Höhepunkt der Causa Hardy darstellten.
Die Schande von Victory Road
Dennoch überzeugten die weiterhin mehr als überdurchschnittlichen Fanreaktionen auf Hardy und dessen mehrfache Gelöbnisse zur Besserung die Verantwortlichen in beiden Ligen immer wieder den Charismatic Enigma zu einem Eckpfeiler ihrer Ausrichtung zu machen. So hatte es Hardy 2011 innerhalb kürzester Zeit zu drei World Titeln bei der WWE und zwei Regentschaften als TNA World Heavyweight Champion gebracht und führte im Frühjahr 2011 erneut als Titelträger das TNA-Roster an.
Nachdem er seinen Titel bei Impact an Sting verloren hatte, war zwischen diesem und Hardy ein Rematch als Main Event für Victory Road angesetzt worden. Zu diesem erschien dieser jedoch in besorgniserregendem Zustand. Sichtlich benebelt taumelte Hardy in den Ring und wurde dort nahezu ohne Gegenwehr vom amtierenden World Champion, der – genau wie die anwesenden Zuschauer - aus seiner Enttäuschung keinen Hehl machte, innerhalb von neunzig Sekunden besiegt. Vor laufenden Kameras hatte Hardy so seine Probleme mit seinen Lastern überdeutlich demonstriert und jenen Kritikern, die ihn schon seit Längerem als haltlos für jede professionelle Promotion eingestuft hatten, neuen Nährboden gegeben.
Von Saulus zu Paulus: Eine Bitte um Vergebung
Auch TNA Wrestling reagierte auf Hardys Auftritt, für welchen die Company auch auf offiziellem Wege Demut zeigte und sich offiziell entschuldigte. Bei den kommenden Impact-Tapings schickten sie ihren Star nach Hause und nahmen ihn, nicht zuletzt auch wegen des noch immer laufenden Gerichtsverfahrens gegen Hardy, für die kommenden Monate aus ihrem Programm.
Am 23. August 2011 gab TNA schließlich Jeff Hardys Rückkehr für die erste Impact-Ausgabe des September-Monats in Huntsville bekannt. Dort präsentierte stellte sich Hardy den Fans und zeigte sich augenscheinlich geläutert. Er entschuldigte sich bei den Fans und seinen TNA-Kollegen für seinen Auftritt bei Victory Road und bat beide Seiten inständig um eine weitere Chance. Auch in den folgenden Wochen verfolgte Hardy weiter seine neue Linie und suchte nach und nach verschiedene Superstars der Liga auf und bat diese persönlich um Vergebung – mal mit großem Erfolg, mal mit eher ernüchternden Ergebnissen.
Vor die größten Probleme stellten Hardy auf seiner Suche nach Vergebung aber seine einstigen Verbündeten von Immortal, insbesondere der TNA-Gründer Jeff Jarrett. Dieser erklärte dem Rückkehrer offen, dass seine Anwesenheit bei TNA nicht mehr erwünscht sei und wies ihn an der Liga – insbesondere dem jährlichen Highlight Bound for Glory – deshalb fern zu bleiben. Wie kaum anders zu erwarten hielt sich der von altbekannt lautstarkem Rückhalt des Publikums befeuerte Hardy keinesfalls an diesen Rat und sorgte so für einen intensiven Brawl zwischen den beiden bei der größten Show des TNA-Jahres.
Jarretts Zweifel an Hardys Wandel
In der folgenden Woche erklärte Jarrett seinen besonderen Groll gegen Hardy. Zu Zeiten als der TNA-Gründer noch intensiver in das operative Geschäft der Liga involviert gewesen war, war er es gewesen, der Hardy erstmals verpflichtet hatte. Entsprechend habe er Hardys Ausfälle, die unter anderem den damaligen Turning Point 2006 Main Event zwischen Jarrett und Hardy kurzfristig platzen ließen, zu tragen gehabt. Für den Chosen One lag der Fall deshalb klar: Hardys Liste an Ausfällen sei derart lang, dass trotz aller Bekenntnisse des Charismatic Enigma der nächste nur eine Frage der Zeit sei.
Hardy hingegen unterstellte Jarrett im Gegenzug, dass dieser nur neidisch auf seinen besonderen Bezug zum Publikum sei – eine Fähigkeit, die Double J Zeit seiner Karriere nicht zugekommen sei. Erneut endete der verbale Konflikt in einer handfesten Auseinandersetzung. Als diverse Sicherheitskräfte und Mitarbeiter die beiden trennen mussten, zeigte sich derweil, dass auch der TNA Mitarbeiterstab von dem Konflikt der beiden nicht unberührt blieb. Auch die beiden Road Agents Al Snow und D-Lo Brown bekamen sich über die Frage, welcher der beiden Athleten nun der Halle zu verweisen sei, in die Haare. Für Jarrett hingegen eine willkommene Ablenkung, um Hardy mit einem Tritt in die Weichteile entgültig niederzustrecken.
Nachdem Hardy mit Siegen über Bully Ray und Immortal bei Impact sein Comeback gefeiert hatte, war für Turning Point – eben dem PPV, den er fünf Jahre zuvor verpasst hatte – sein erster Showdown mit Jeff Jarrett angesetzt. Bei diesem wartete er sogleich mit einer Überaschung auf. Schon nach wenigen Sekunden konnte Hardy sein Gegenüber nach dem Twist of Fate pinnen. Jarrett erboste sich über einen angeblich zu schnell gezählten Three-Count des Ringrichters Earl Hebner und erwirkte einen Neustart des Matches, welcher jedoch knapp fünf Minuten später dasselbe Ende fand. Ein weiteres Neustark-Gesuch des TNA-Gründers lehnte Hebner nun ab, weshalb Jarrett Hardy mit einem Stuhl und dem anschließenden Stroke niederstreckte. Doch auch das symbolische Cover konterte Hardy im Anschluss erfolgreich aus. Innerhalb einer Nacht hatte der Rückkehrer seinen Rivalen drei Mal besiegen können.
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Diese Demütigung sollte Jarretts Obsessionen mit Hardy natürlich bloß weiter beflügeln. In den kommenden Wochen ließen er und seine Frau Karen keine Möglichkeit aus diesen verbal oder mit handfesten Attacken anzugehen. Als Hardy es schließlich zwei Wochen vor Final Resolution mit AJ Styles und dem TNA World Champion Bobby Roode zu tun bekommen sollte, griff Jarrett trotz vorherigem Verbots des neuen TNA Offiziellen Sting gegen Hardy ein und bekam sogleich die Konsequenzen zu hören. Sting setzte für den letzten PPV des Jahres ein Cagematch zwischen Jarrett und Hardy an. Sollte Jarrett gewinnen, so müsse Hardy TNA verlassen, sollte allerdings Hardy den Sieg davontragen, so verdiene sich dieser einen World Titelshot für Against All Odds 2012 und – wie Sting eine Woche später noch hinzufügte – ein Jarrett müsse TNA verlassen.
Um einen fairen Kampf sicherzustellen hatte sich Sting zudem mit Handschellen an Karen Jarrett gekettet. Diese fand dennoch einen Weg ihrem Ehemann, der Hardy diesmal einen deutlich größeren Kampf als noch im Vormonat lieferte, dessen Gitarre zuzustecken. Doch der Stinger verhinderte deren Einsatz und sorgte so dafür, dass Hardy auch diesen Kampf mit dem Twist of Fate für sich entscheiden konnte. Jeff Jarrett hatte Hardys triumphale Rückkehr zur TNA demnach nicht verhindern können und musste sich in der nächsten Woche – ebenso wie seine Frau – bei Sting seine Papiere abholen. Der Leidensweg Jeff Hardys hingegen hatte fürs erste ein Happy Ende gefunden: Ihm war der Sprung zurück an die Spitze TNA's gelungen. Seine Fans und Kritiker mögen derweil hoffen und bangen, dass seine Achterbahnfahrt damit von jetzt an ruhiger verlaufen mag.